Artwork for podcast Das Schwere leicht gesagt
Gestaffelter Mutterschutz gewinnt - Andrea Galle Vorständin der MKK im Gespräch
Episode 755th August 2024 • Das Schwere leicht gesagt • Stefan Hund
00:00:00 00:24:39

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Shownotes

Gestaffelter Mutterschutz ist dringend geboten

Andrea Galle, Vorständen der MKK im Gespräch mit Stefan Hund

Interview bei "Das Schwere LEICHT gesagt".

Informationen wie Unternehmen sich auf Trauer ihrer Mitarbeiter einstellen können gibt es hier: www.trauermanager.de.

Inhalt: Der Mutterschutz sollte gestaffelt viel früher beginnen. Andrea Galle fordert, den Schutz bereits vor der 24. Woche einzuführen, um Frauen gesellschaftliche Wertschätzung und Unterstützung zu bieten. Ein sensibles Thema, das endlich Raum und Transparenz braucht.

2. Andrea Galle teilt ihre persönliche Geschichte einer Fehlgeburt in der 17. Woche und spricht über die emotionale und körperliche Belastung. Ihre Erfahrungen zeigen uns, wie wichtig es ist, dieses Tabu endlich zu brechen und Verständnis zu schaffen.

3. Frauen sind heute sichtbarer und bereit, für ihre Rechte einzustehen. Das Thema Fehlgeburt und der gestaffelte Mutterschutz brauchen mehr Aufmerksamkeit, um die mentale und körperliche Gesundheit von Frauen zu sichern. Es ist Zeit für ein Umdenken.

4. Der Bundesrat hat eine lebenswichtige Initiative ergriffen: Die Einführung eines früheren, gestaffelten Mutterschutzes. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer profitieren von der erhöhten Transparenz und Unterstützung in dieser schwierigen Zeit. Die Gesetzesänderung ist längst überfällig.

5. Fehlgeburten sind kein Tabuthema. Offene Gespräche helfen, Schuldgefühle und Missverständnisse zu vermeiden. Andrea Galle setzt sich für einen gesetzlichen Rahmen ein, der Frauen den notwendigen Halt gibt. Zeit, die Gesundheit von Frauen ernst zu nehmen und zu handeln.

Herzlichen Dank für das Gespräch am 17.7.24

Kontakt:

www.meine-krankenkasse.de

Direkt: https://www.linkedin.com/in/andrea-galle-03b647151/

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Transcripts

Speaker:

Das Thema Fehlgeburt. Heute sprechen wir

Speaker:

darüber. Und wir sprechen darüber,

Speaker:

dass der Mutterschutz, der ja in großen

Speaker:

Teilen erst ab der 24. Schwangerschaftswoche beginnt,

Speaker:

eigentlich viel, viel früher beginnen müsste.

Speaker:

Eine neue Folge von Das schwere leicht gesagt.

Speaker:

Und liebe Hörerinnen und Hörer, schön, dass ihr wieder einschaltet. Ich

Speaker:

freue mich heute sehr, Andrea Galle

Speaker:

hier bei uns im Podcast zu haben. Liebe Andrea

Speaker:

Galle, ganz herzlich willkommen. Ich freue mich, dass ich da sein

Speaker:

darf. Sie sind Vorständin

Speaker:

einer großen Krankenkasse. 600.000

Speaker:

Mitglieder habe ich auf der Homepage gesehen, der MKK.

Speaker:

Und ja, sie haben da an dieser Stelle ja auch

Speaker:

einfach immer wieder eine Beziehung zu diesem Thema.

Speaker:

Aber Sie haben ja ursprünglich mal eigene Erfahrungen gehabt.

Speaker:

Denn das war ja der Anlass, weshalb wir beide zusammengekommen sind. Sie haben in

Speaker:

LinkedIn gepostet, vor x-ig Jahren hatte ich

Speaker:

selbst eine Fehlgeburt, kam dann später in dieses Krankenhaus und hatte ein Déjà-vu.

Speaker:

Wie war das damals? Ja,

Speaker:

also erstmal muss ich sagen,

Speaker:

so etwas schreibt man ja nicht alle Tage über sich.

Speaker:

Das heißt, ich hatte einen Anlass und der Anlass war, dass ich mich aktuell

Speaker:

konkret auseinandergesetzt habe mit der Fragestellung,

Speaker:

warum Frauen eigentlich erst ab der 24.

Speaker:

Schwangerschaftswoche Anspruch auf Mutterschutz haben,

Speaker:

was an für sich natürlich eine gute und eine richtige Sache ist.

Speaker:

Aber warum macht man das fest an diesem starren Datum und was ist mit den

Speaker:

Frauen davor? Das haben wir intern

Speaker:

diskutiert und eigentlich durch diese

Speaker:

Gespräche, die ich geführt habe, kam eigentlich auch meine eigene Story wieder ein

Speaker:

bisschen hoch. Ich hielt es

Speaker:

einfach für richtig, aus der eigenen Erfahrung sprechen zu

Speaker:

können, dieses Thema

Speaker:

vielleicht auch noch mal sichtbarer zu machen und glaubwürdiger

Speaker:

zu machen, weil sich vielleicht auch mancher, der es einfach nur platt liest,

Speaker:

wir fordern gestaffelten Mutterschutz vor der 24.

Speaker:

Schwangerschaftswoche, sich denkt, ja warum eigentlich, was soll

Speaker:

das? Und das vielleicht ein bisschen abtut. Und Das

Speaker:

war der Anlass, dass ich darüber geschrieben habe. Es ist Tatsache,

Speaker:

dass ich mit 19 Jahren eine Fehlgeburt

Speaker:

hatte in der 17. Schwangerschaftswoche. Die

Speaker:

Umstände waren seinerzeit nicht sehr glücklich.

Speaker:

Ich war mitten im Studium. Ich bin allerdings

Speaker:

im Osten aufgewachsen, da war das mit dem Studium und Schwanger kein

Speaker:

Problem. Deswegen war das auch ein Kind, was gewollt war.

Speaker:

Es hieß dann eben auch, irgendwie zu

Speaker:

funktionieren, und vor allem wurde nicht darüber gesprochen.

Speaker:

Irgendwie ist man damit allein gewesen, dann buddelt man das

Speaker:

weg. Jedenfalls war das meine Strategie. Ich habe es irgendwie weggebuddelt.

Speaker:

Es ist mir tatsächlich so passiert, dass ich

Speaker:

20 Jahre später in meinem jetzigen Job als

Speaker:

Krankenkassenchefin in diesem Krankenhaus war für ein

Speaker:

Vertragsgespräch.

Speaker:

Ich habe nicht wochenlang vorher darüber gegrübelt, dass da

Speaker:

etwas passiert ist. Ich hatte es gar nicht auf dem Schirm.

Speaker:

Nun war dieses Vertragsgespräch ausgerechnet auch noch in der

Speaker:

Frauenklinik des Hauses. Ich komme da rein

Speaker:

und es war eben dann Tatsache in dem Moment so

Speaker:

etwas wie ein Zusammenbruch, der mich völlig überrascht hat.

Speaker:

Wie bin ich damit umgegangen? Ich habe mich damals auf die Patiententoilette

Speaker:

verkrümelt und mich zusammen besucht wieder.

Speaker:

Ich habe den Tag auch überstanden. Aber es

Speaker:

hat mich einfach in dem Moment vor allem selbst überrascht,

Speaker:

dass da etwas war, was offenbar nicht verarbeitet war und was mir auch gar

Speaker:

nicht bewusst war. Und weil

Speaker:

Sie sagten, dieser Linked-in-Post, was

Speaker:

ich danach erlebt habe, war, nochmal zu

Speaker:

sehen, wie hoch die Relevanz in dem Thema ist.

Speaker:

Was sicherlich auch damit zusammenhängt, wir wissen es, es wird ja nicht

Speaker:

systematisch erfasst. Fehlgeburten vor der 24.

Speaker:

Schwangerschaftswoche landen in keiner Statistik.

Speaker:

Aber das Thema braucht Raum und die Betroffenheit ist groß.

Speaker:

Es war also einer der Posts mit einer erstmal

Speaker:

hohen fünfstelligen Ansichtsrate,

Speaker:

Aber mit unfassbar vielen Kommentaren und vor allem

Speaker:

mit noch mal mehr Privatnachrichten, die mir

Speaker:

Frauen geschickt haben, die sich

Speaker:

bedankt haben, die geschrieben haben, dass sie sich das

Speaker:

nicht getraut hätten. Das ist also ein Tabuthema.

Speaker:

Und dass es aber so wichtig wäre, dass sich da

Speaker:

was ändert und die teilweise wirklich ihre Eindrücke

Speaker:

und ihre Erfahrungen mir geschildert haben. Und

Speaker:

das ist die Erfahrung, die ich nach den Link-Infos gemacht hatte, unabhängig

Speaker:

davon, dass wir uns darüber kennengelernt haben. Ja, aber

Speaker:

es ist ganz, ganz klar ein Thema. Und auch wenn man nicht

Speaker:

darüber spricht, wird es davon nicht einfach, Da

Speaker:

wächst kein Gras über die Sache, sondern es ist virulent.

Speaker:

Und wenn ich einfach an meine frühere Rolle als Gemeindepfarrer

Speaker:

denke, beziehungsweise als Seelsorger, es kann

Speaker:

auch nach Jahren noch mal sichtbar gemacht werden, zum Beispiel bei

Speaker:

Seelsorge, bei Aufstellungen, dann wird es auf einmal präsent.

Speaker:

Und deshalb ist es genauso wichtig, dass wirklich auch Frauen,

Speaker:

und jetzt ergänzt sich bewusst auch Männer, denn die fallen in der Regel

Speaker:

nochmal hinten runter, da wirklich in den

Speaker:

Blick geraten und das man dann

Speaker:

deutlich früher ansetzt. Wie gesagt, wir wissen,

Speaker:

bis zur 12. Schwangerschaftswoche,

Speaker:

Da hat man in der Regel eine Art von Ausschabung und

Speaker:

danach muss die gesamte Prozedur

Speaker:

durchgezogen werden. Und das macht

Speaker:

ja was mit einem. Und Deshalb ist es

Speaker:

so wichtig, dass wir darüber sprechen. Und deshalb ist es auch so

Speaker:

wichtig, dass die Krankenkassen, da habe ich mit

Speaker:

ihrem Kollegen Prof. Loth auch schon Kontakt gehabt,

Speaker:

das über den Bundesrat jetzt an die Bundesregierung gegeben

Speaker:

haben, dass sie das bitte, bitte zum Gesetzentwurf

Speaker:

machen, dass da früher für die

Speaker:

Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter gesagt wird. Ich finde das

Speaker:

übrigens toll, dass der Bundesrat jetzt tatsache die Initiative ergriffen

Speaker:

hat. Das ist ein wichtiges Zeichen.

Speaker:

Und Sie haben auch etwas Wichtiges gesagt, auch die Männer.

Speaker:

Ich denke, dass die Männer davon profitieren werden, wenn die Frauen das Thema

Speaker:

sichtbar machen. Auch die Männer werden davon profitieren. Für die

Speaker:

Männer ist es vielleicht noch mal ein größeres Tabu. Ich spreche aber

Speaker:

aktuell mal vor allem für die Frauen, weil die erleiden es

Speaker:

erstmal auch körperlich. Das

Speaker:

ist ja auch Fakt. Wenn

Speaker:

ich eins in meiner jetzigen Tätigkeit

Speaker:

gelernt habe, dass wir gut beraten sind, das Thema

Speaker:

Frauengesundheit ernster zu nehmen.

Speaker:

Wir haben so viele Tabuzonen im Bereich Frauengesundheit,

Speaker:

dass es dringend geändert gehört. Man kann

Speaker:

auch überlegen, warum kommen diese Themen jetzt gerade so

Speaker:

hoch? Warum haben Sie jetzt gerade Raum? Es ist ja

Speaker:

nicht nur das Thema Fehlgeburt und die damit

Speaker:

verbundene Trauerarbeit. Es sind auch andere

Speaker:

Themen. Aber ich habe mal überlegt, ob es nicht auch

Speaker:

daran liegt, dass wir viel mehr Frauen in Beschäftigung haben, dass

Speaker:

Frauen also sichtbarer sind und dadurch

Speaker:

auch bereiter, für

Speaker:

sich einzustehen und ihre eigenen Rechte einzufordern.

Speaker:

Gerade das Thema Fehlgeburt ist etwas, was früher

Speaker:

im häuslichen Bereich passiert ist. Dadurch hat

Speaker:

es keinen Raum in der Öffentlichkeit bekommen.

Speaker:

Dann hing dieses Tabu drüber. Ich finde es gerade eine große Chance,

Speaker:

auch für die ganze Gesellschaft, dass wir

Speaker:

über diese Themen sprechen, ihnen Raum geben.

Speaker:

Einfach auch für die Gesundheit

Speaker:

ganz wichtig, nicht nur für die mentale, auch für die körperliche.

Speaker:

Sie haben unsere Versicherten angesprochen. Wir

Speaker:

sehen das durchaus auch in der Versichertenklientel.

Speaker:

Aber ich bin auch Arbeitgeberin. Ich habe hier 1.150

Speaker:

Mitarbeitende. 70 Prozent davon sind Frauen.

Speaker:

Insofern habe ich auch ein Interesse daran, dass

Speaker:

wir hier ein gutes Miteinander haben. Und dazu

Speaker:

gehört halt auch, dass man Menschen sieht in der Situation,

Speaker:

in der sie jetzt gerade sind und das nicht

Speaker:

tabuisiert. Zumal,

Speaker:

welchen Vorteil hätte man davon, dass man es tabuisiert?

Speaker:

Der Vorteil hieß ja nur, wir bringen es nicht aufs Tapet.

Speaker:

Aber wie gesagt, die

Speaker:

Fakten sind klar, die Fakten sind gegeben. Und

Speaker:

damit sind sie unterschwellig doch da.

Speaker:

Und wenn ich jetzt gerade nochmal auf die Arbeitgeberinnenfunktion

Speaker:

an dieser Stelle gucke, Sie sehen ja auch wiederum in dem Moment,

Speaker:

wo Sie da den Mitarbeiterinnen entgegenkommen und möglicherweise auch

Speaker:

von sich aus sagen, ab der 24.

Speaker:

Schwangerschaftswoche hast du zwar erst die Möglichkeit,

Speaker:

den vollen Mutterschutz zu bekommen, aber ich sehe ja, wie

Speaker:

es dir geht. Bleib mal zu Hause,

Speaker:

kann ich dich vielleicht sogar auch mal anrufen,

Speaker:

wirklich auch der Mitarbeiterin da zu helfen, wenn sie sagt, das ist für mich

Speaker:

in Ordnung so. Möglicherweise sagt sie ja auch, ich will unbedingt arbeiten, denn

Speaker:

zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf.

Speaker:

Ja, also Menschen sind unterschiedlich und man, also ich,

Speaker:

Ich habe auch gar nicht so das Patentrezept. Ich

Speaker:

denke schon, es ist wichtig, dass wir dieses Gesetz

Speaker:

bekommen, dass wir tatsache einen Rahmen bekommen.

Speaker:

Erstens braucht die Frau dann nicht bitten, Also

Speaker:

wirklich zur Bittstellerin

Speaker:

und hat einen Anspruch darauf. Und es ist irgendwie

Speaker:

auch ein Stück, ich nehme mal das Wort Wertschätzung der Gesellschaft.

Speaker:

Es ist ein Ausdruck auch für Wertschätzung,

Speaker:

dass eben auch hier anerkannt wird, hier

Speaker:

ist eine Frau, die ein Kind verloren

Speaker:

hat und von einem auf den anderen Tag keine Mutter mehr

Speaker:

ist.

Speaker:

Sie müssen sehen, nicht nur ab der 24. Woche ist

Speaker:

da schon ein Bauch. Der

Speaker:

ganze Hormoncocktail hat sich ja schon auf Schwangerschaft umgesetzt.

Speaker:

Das ist einfach eine Phase,

Speaker:

in der man diese

Speaker:

Unterstützung benötigt, wo ja auch Ansprüche da sind, dass

Speaker:

auch eine Hebamme noch mal unterstützt, ETC.

Speaker:

Das leitet sich ja erst dann gut ab, wenn wir eine

Speaker:

gesetzliche Regelung haben. Alles andere,

Speaker:

was Unternehmen tun können auf der freiwilligen Basis, ist natürlich

Speaker:

begrüßenswert,

Speaker:

bringt aber Hürden. Zum Beispiel

Speaker:

nicht in jeder Firma, auch gerade in den großen Firmen, hat man so einen

Speaker:

familiären Umgang. Es gibt dann eben auch viel

Speaker:

Formales. Große Firmen brauchen in

Speaker:

der Regel irgendwie so etwas wie ein Nachweis.

Speaker:

Jetzt kann man sagen, eine Frau würde sich nicht

Speaker:

ausdenken, dass sie eine Fehlgeburt hatte. Trotz alledem kann ich mir das vorstellen,

Speaker:

dass gerade große Firmen sagen, ein bisschen Formalie muss eingehalten werden.

Speaker:

Das heißt, wie weise ich das denn nach? Außerdem bin ich als

Speaker:

Arbeitgeber gar nicht

Speaker:

befugt, Diagnosen abzufragen.

Speaker:

Das fällt unter den Datenschutz zurecht.

Speaker:

Insofern sind das alles Hilfsbrücken,

Speaker:

die wohlmeinende Unternehmen vielleicht überlegen.

Speaker:

Aber am Ende ist das sauberste, dass wir ein Gesetz haben, in

Speaker:

dem der Anspruch klar geregelt ist und sich niemand erklären

Speaker:

muss.

Speaker:

Wie kann ich mir das nachher praktisch vorstellen? Da ist die

Speaker:

Mitarbeiterin, die hat ärztliche Bestätigung, ich bin

Speaker:

schwanger, gibt das natürlich in der Personalabteilung

Speaker:

ab, dann kommt natürlich das übliche Prozedere mit

Speaker:

Arbeitsplatzbewertung nach Mutterschutz

Speaker:

und Wenn sie dann auf einmal kommt und sagt, ich bin es nicht mehr,

Speaker:

das würde in dem Moment genügen? Wahrscheinlich, oder?

Speaker:

Ja, würde genügen.

Speaker:

Ich kann es von Prozedere gar nicht sagen, aber das weicht ja dann überhaupt

Speaker:

nicht ab von dem bereits heute etablierten Verfahren

Speaker:

nach der 24. Woche, wenn es da passieren würde.

Speaker:

Es wird halt nur früher etabliert. Nur früher

Speaker:

etabliert.

Speaker:

Ich möchte noch mal nachhaken. Für

Speaker:

mich, der ja nun auch als Klinikseelsorger

Speaker:

teilweise die Frauen mit Fehlgeburten begleitet hat. Für mich

Speaker:

war es immer ganz wichtig zu sagen, diese Frau

Speaker:

oder dieses Paar sind Eltern geworden.

Speaker:

Und das kann ich ihnen nicht und das will ich ihnen auch nicht benehmen.

Speaker:

Nur das Kind ist nicht hier, sondern woanders.

Speaker:

Ganz häufig haben wir ja auch so unterschwellig

Speaker:

so dieses Thema Schuld da drin. Schuldvorwürfe

Speaker:

im Sinne von ich bin nicht okay, dass das nicht so geklappt

Speaker:

hat oder oder ähnliches und ich muss sagen

Speaker:

die sind für mich, aber ich denke da sind wir uns einig, absolut

Speaker:

Fehlerplatz. Ja, ich

Speaker:

stimme Ihnen natürlich zu. Auch das ist natürlich

Speaker:

ein Effekt von Tabu. In dem Moment,

Speaker:

also so etwas bekommt immer dann Raum, wenn nicht darüber

Speaker:

gesprochen werden kann. Dann bekommen

Speaker:

sozusagen komische Gedanken Raum, weil Menschen dann versuchen,

Speaker:

sich das irgendwie selbst alles zurechtzubasteln. In dem Moment,

Speaker:

wo über das Thema Fehlgeburt gesprochen wird, kann auch über die

Speaker:

Ursachen natürlich transparenter gesprochen werden.

Speaker:

Wir beide wissen, da gibt es jetzt nicht Schuld,

Speaker:

sondern da ist auch vieles, einfach weil die Natur es leider so

Speaker:

angelegt hat. Die

Speaker:

Natur ist halt an der Stelle unberechenbar. Vieles ist nicht

Speaker:

beeinflussbar. Aber auch

Speaker:

deshalb ist es wichtig, dass das nicht in so einer Tabuzone

Speaker:

ist, weil erst dann, also In dem

Speaker:

Moment, wo offen darüber gesprochen wird, können Schuldgefühle weniger

Speaker:

Raum bekommen. Ganz klar. Genau.

Speaker:

Und was wir natürlich sehen,

Speaker:

die Gesundheitskompetenz von Menschen

Speaker:

ist nicht durchgängig so gut ausgeprägt,

Speaker:

dass man sich alles selbst erklärt und selbst erhält.

Speaker:

Zumal das stimmt, in dem Moment, was ich mir erzähle, ich darf mir auch nicht

Speaker:

alles glauben, was ich denke. Und natürlich haben

Speaker:

wir in dem Moment, also erstens ist es ein Trauma. Es ist

Speaker:

ja nicht nur Trauer, es ist ein Trauma. Es ist

Speaker:

ein körperliches Ding zusätzlich.

Speaker:

Und nochmal, ich sage, am Ende braucht es eine Transparenz

Speaker:

und keine Tabus. Und dann ist das auch

Speaker:

gut für die mentale Hygiene und für

Speaker:

den Heilungsprozess. Auf jeden Fall. Zumal

Speaker:

gleichzeitig auch immer die Situation ist, Frauen trauern ja

Speaker:

unterschiedlich wie Männer. Da haben wir ja ganz häufig nach

Speaker:

einer Pegelgeburt

Speaker:

Schwierigkeiten in der Kommunikation. Während

Speaker:

die Frauen häufig in der

Speaker:

Kommunikation untereinander gehen, sind die Männer an

Speaker:

der Stelle außen vor. Das sind eher dann diejenigen, die es

Speaker:

im Anführungszeichen verarbeiten, verschaffen.

Speaker:

Und dann haben wir im Endeffekt auch, dann verstehen sich auch

Speaker:

beide Seiten nicht unbedingt. Und

Speaker:

Was teilweise auch Schwierigkeiten macht. Ja,

Speaker:

das mag sein. Das ist ja dann eher in der Paarbeziehung. Da bin ich jetzt

Speaker:

keine Expertin dafür, weil da würde mir jetzt

Speaker:

auch der therapeutische oder medizinisches Abverstand fehlen, darüber zu

Speaker:

sprechen. Und Ich

Speaker:

glaube, es gibt ja auch nicht die eine Art Frau,

Speaker:

die nicht jede Frau ist gesprächig. Es

Speaker:

gibt auch unterschiedliche Situationen. Es ist unter

Speaker:

Umständen ein Unterschied, ob man bei der

Speaker:

Erstschwangerschaft ein Kind verliert oder ob man zum Beispiel schon

Speaker:

viele Schwangerschaften auf diese Weise beendet

Speaker:

hat oder ob da schon drei Kinder sind.

Speaker:

Vieles wird die Frau dann in dem Moment aus der Situation, die sehr

Speaker:

unterschiedlich sein kann, fordern.

Speaker:

Und wenn ich dann eine vollbeschäftigte, berufstätige Frau habe, dann

Speaker:

muss es nicht zwangsläufig so sein, dass sie mit

Speaker:

ganz vielen anderen Frauen darüber spricht, sondern in ihrem Beruf eben

Speaker:

auch das Bedürfnis hat zu funktionieren und das

Speaker:

unter Umständen so auslebt, dass sie es eben nicht

Speaker:

anspricht. Auch bei Frauen gibt es

Speaker:

diese Phänomene, dass man keine Schwäche zeigen möchte.

Speaker:

Das sage ich mal noch mal rückblickend auf meinen LinkedIn-Post, auf die

Speaker:

Nachrichten, die ich bekommen habe. Da schreiben das Frauen, da schreiben

Speaker:

sie, dass sie das mit Schwäche gleichsetzen und dass sie sich nicht trauen würden,

Speaker:

darüber öffentlich zu sprechen. Also insofern,

Speaker:

ich glaube,

Speaker:

es gibt nicht die eine Art, wie Menschen arbeiten, Das wissen

Speaker:

sie auch. Und es gibt vielleicht auch nicht

Speaker:

den Mann und die Frau. Aber

Speaker:

klar ist, es ist für alle eine belastende Situation.

Speaker:

Und ich glaube, genau Deshalb hoffen

Speaker:

wir, dass die Bundesregierung das ins Gesetzblatt

Speaker:

reingibt und dann wirklich auch sagt,

Speaker:

der gestaffelte Mutterschutz möglicherweise sogar

Speaker:

ab der 12. Schwangerschaftswoche muss

Speaker:

kommen, damit wir an dieser Stelle nicht an den falschen

Speaker:

Stellen miteinander diskutieren müssen, sondern wirklich die

Speaker:

Themen angreifen, die wichtig sind, die

Speaker:

Heilung, die ein gutes Miteinander und in letzter

Speaker:

Konsequenz auch für die Unternehmen

Speaker:

erfolgreich sind. Auf jeden Fall. Also ich würde das

Speaker:

sehr begrüßen. Und auch für die Firmen

Speaker:

kann es nur ein Gewinn sein, weil Firmen haben ein

Speaker:

Interesse gerade angesichts der hohen Beschäftigungsquote von Frauen,

Speaker:

dass ihre Mitarbeitenden am Arbeitsplatz gesund sind

Speaker:

und eben tatsache auch lange gesund bleiben.

Speaker:

Und wenn sie darüber kommunizieren können, wenn sie wollen,

Speaker:

dann hilft das auch nochmal a für die Gesundheit,

Speaker:

b für die Unternehmenskommunikation, Unternehmenskultur

Speaker:

und damit einfach auch, dass Mitarbeiterinnen

Speaker:

möglichst lange auch im Unternehmen bleiben. Denn

Speaker:

in dem Moment, wo ich als Mitarbeiterin an dieser Stelle, ich sag

Speaker:

einfach mal, von Kopf gestoßen werde, dann frage ich

Speaker:

mich natürlich, passe ich noch in dieses System?

Speaker:

Oder passe ich noch zu diesem Arbeitgeber und rein daher

Speaker:

sollten alle das Interesse haben an dieser Stelle etwas zu bewegen.

Speaker:

Ich würde es auf jeden Fall unterstützen. Ich sage mal

Speaker:

ganz ganz herzlichen Dank. Ich hoffe, dass wir an dieser

Speaker:

Stelle einen Impuls setzen können,

Speaker:

möglicherweise, dass der wirklich auch trägt und

Speaker:

dass die Gesetzesentwicklung kommt. Ganz herzlichen

Speaker:

Dank. Danke auch.

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