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Statistik am Tatort
Episode 2413th November 2024 • Statistisch gesehen • Statistisches Amt des Kantons Zürich
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Shownotes

Wie helfen statistische Methoden bei der Aufklärung von Verbrechen und Unfällen? Statistisch gesehen gibt Einblick, wie forensische Spuren gesichert, ausgewertet und in Gerichtsprozesse eingebracht werden – und welche Schlüsselrolle die Statistik in diesem Prozess spielt.

im Gespräch mit Simon Graf erklärt Martin Lory, wie sein Team vom Forensischen Institut Zürich im Auftrag der Polizei Spuren sichert und analysiert und dabei Methoden der modernen Datenwissenschaft einsetzt. Wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit funktioniert und wie Machine-Learning-Algorithmen die forensische Analyse unterstützen hört ihr in dieser Folge.

Feedback, Fragen und Anregungen zu dieser und allen anderen Folgen von «Statistisch gesehen» an: datashop@statistik.zh.ch

Transcripts

Intro 0:00

Statistisch gesehen.

Simon 0:00

Die meisten von uns kennen den Arbeitgeber von meinem heutigen Gast mindestens von Bildern aus der Zeitung oder im Fernsehen, weil immer wenn in der Schweiz Aufsehen, erregende Verbrechen oder auch Unfälle stattfinden, dann rocken sie aus. Mein Name ist Simon Graf und die Rede ist nicht einfach von der Polizei, nein, bei mir als Gast ist nämlich der Martin Lohry vom Forensischen Institut Zürich. Er erzählt mir heute, wie er sie, statistische Methoden und auch Machine Learning verwendet, um ihre Fälle zu lösen. Willkommen Martin. Willkommen, ja. Ihr seid eben nicht Polizei, aber ihr arbeitet sehr nah mit der Polizei zusammen. Wann braucht es euch und was macht ihr genau, wenn ihr ausrücken müsst?

Martin Lohry 0:00

Wir sind grundsätzlich für die Spurensicherung und Spurenauswertung zuständig. Um uns kommt man nicht um, wenn man ein Verbrechen oder einen grossen Unfall hat. Dann ist die Front darauf angewiesen, dass uns Spezialisten und Spezialistinnen kommen und vor Ort die Spuren sichern. Und bei kleinen Fällen können sie es auch selber machen und uns schicken. Anschliessend untersuchen wir das und machen Berichte bis zum Gutachten oder Gerichtsauftritt.

Simon 0:01

Und dafür gibt es eine spezielle Ausbildung, die man machen kann? Kann man eine Lehre machen als Forensikerin oder wer arbeitet so bei euch?

Martin Lohry 0:01

Das gibt es tatsächlich. Es gibt ein Studium in Lausanne. Science Forensique kann man studieren, auch im Ausland. Aber das haben eigentlich bei uns relativ wenig gemacht. Die meisten sind Quereinsteiger, Spezialisten, Spezialistinnen wie ich auch, Elektroingenieure. Oder auch, dann haben wir noch relativ viele Polizistinnen und Polizisten bei uns, die auch arbeiten, die sich auch spezialisiert haben.

Simon 0:01

Und die haben sich dann beispielsweise, wenn sie in ihrem Berufsalltag an so ein Szenario heranlaufen, haben sie sich einfach mit der Zeit von ihrer beruflichen Laufbahn dann auf so spezifische Spurensicherung irgendwo durchspezialisiert. Also ein bisschen learning by doing und dann landet man bei euch, wie man es gerne macht.

Martin Lohry 0:02

Ja, das war früher so. Ich bin tatsächlich Learning by Doing dazugekommen, aber unterdessen haben wir natürlich ein ausgeklügeltes Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramm, wo man alle Stufen durchgehen muss und alles zertifizieren muss. Das geht natürlich heutzutage nicht mehr mit der Qualitätssicherung. Nein, das gibt es selbstverständlich Aus- und Weiterbildungen diesbezüglich. Und natürlich dann die tatsächlichen Fälle, die wir auch reviewen, also nochmal anschauen und begleiten. Schauen, haben die Leute richtig gearbeitet, kann man etwas optimieren, besser machen und so. Da sind wir auch sehr pingelig genau.

Simon 0:02

Bingen liegt genau, muss er wahrscheinlich auch sein, wenn er auf so einen Schadensplatz, sagt man glaube ich, bei einem Unfall kommt oder auf einen Tatort kommt, bei einer potenziellen Straftat. Er nimmt dann die Spuren, kommt dort zurück und was macht er dann mit dem Ganzen? Also er sammelt ja nicht nur, sondern er macht wahrscheinlich auch etwas damit.

Martin Lohry 0:03

Genau, also wir sammeln natürlich relativ viel, weil alles, was man nicht hat, kann man nachher nicht mehr nachholen. Das heisst, sicher über 90% ist nachher nicht mehr relevant am Schluss, aber ein paar Spuren sind dann am Schluss relevant und die werden wir weiter auswerten. Nachdem sie beschrieben haben und einen kleinen Bericht gemacht haben, gibt es vielleicht eine weitere Auswertung, wo man etwas vergleichen muss und schauen muss, ob es die Spur des Objekts ist oder das Projektil aus dieser Waffe oder was auch immer. Dann haben wir unsere Geräte, wo wir das weiter genau untersuchen. Dann macht man einen Untersuchungsbericht, einen ausführlichen oder ein Gutachten mit allen Erklärungen drin. Und natürlich kommt dann auch teilweise die Statistik vor.

Simon 0:03

Und das Ganze bringt ihr natürlich nicht nur an die Polizei, an die Polizistinnen und Polizisten oder an die Staatsanwaltschaft, sondern ihr geht zum Teil auch vor Gericht und macht auch selber Aussagen zu diesen Gutachten.

Martin Lohry 0:04

Das ist so, ja. Wir gehen ab und zu vor Gericht und müssen das dann vertreten können und auch erklären können. sodass man das kann anvollziehen, transparent. In letzter Zeit sind wir nicht mehr so viel vom Gericht, das ist eigentlich ein bisschen schade. Es ist immer sehr lehrreich, wenn man vom Gericht seine Arbeit erklären muss.

Simon 0:04

Man hört immer vom Forensischen Institut Zürich, und zwar auch wenn in Schaffhausen oder in Genf oder in Lugano etwas passiert, gibt es da niemanden anders, der eure Arbeit macht in der Schweiz.

Martin Lohry 0:04

Doch, doch. Also wir haben in Zürich einen Drittel von all diesen Kriminaltechnikerinnen und Kriminaltechnikern von der Schweiz und sind mit Abstand das grösste Gebilde, das so etwas macht. Aber natürlich, die anderen Kantone haben auch sehr gute Leute, sehr gut ausbildete Leute und machen das meiste alleine. Also wir könnten niemals alles in der Schweiz stemmen. Also da gibt es andere Kantone, die sehr selbstständig unterwegs sind. Aber gewisse Aufgaben sind halt dann zentral in Zürich zugeteilt. Also militärische Aufgaben, Sprengstoff und verschiedene andere Sachen, die nur wir machen oder wir zuständig sind.

Simon 0:05

Einfach auch, um schlussendlich die Kompetenzen, das Fachwissen zu bündeln und wahrscheinlich auch, um eine gewisse Routine aufrechterhalten bei den Leuten. Ich meine, so Sprengstofffälle, könnte ich mir vorstellen, gibt es jetzt nicht wahnsinnig viele.

Martin Lohry 0:05

Ja, wir haben in letzter Zeit ein bisschen Massierung von den... Von diesen Bankomatsprengungen, aber grundsätzlich stimmt das. Ja, das muss man zentralisieren, rein aus ökologischen Gründen, dass man da nicht alles zweimal macht in all diesen Kantonen oder dreimal oder 26 Mal. Das ist klar, aber zum Beispiel jetzt kleinere Drogendelikte oder Diebstähle, Einbruchdiebstähle oder so, machen die Kantone vollständig selbstständig. Aber auch bisher grössere Sachen natürlich auch.

Simon 0:06

Und daneben gibt es auch noch private Anbieter, habe ich gehört. Das heisst, die EMPA macht zum Teil auch noch gewisse Sachen, die noch Überschneidungen haben.

Martin Lohry 0:06

Überschneidungen haben wir eigentlich nicht. Also wir sprechen uns sehr gut mit externen Anbietern an, Privaten wie die EMPA. Und wir haben gerade kürzlich einen Fall, wo die Luzerner uns angefragt haben, haben wir dann weitergereicht. an eine andere Firma, eine externe Firma und mit denen arbeiten wir sehr gut zusammen. Wir wissen, was die können und sie wissen auch, was wir können und dann redet man halt miteinander.

Simon 0:06

Die ganzen Daten, die ihr braucht für die statistischen Auswertungen, um sicherzustellen, woher habt ihr die Daten? Ich könnte mir vorstellen, es sind wahnsinnig grosse Datensätze, die ihr da braucht.

Martin Lohry 0:06

Nicht einmal. Also gerade bei den Schusswaffen haben wir alle offenen Felder der Schweiz, die wir da managen. Und wir haben ein relativ gutes Gerät, das das alles ableitet. Und das kann auch schon statistisch relativ gut die Sachen auswerten. Es hat eine Korrelation drin, was es macht. Also zuerst natürlich eine optische Aufnahme, dann die sogenannten Fingerabdrücke oder die Striche von diesen Projektilen und auf diesen Hülsen. nachher vergleichen, korrelieren und macht nachher sogar eine Auswertung von der Häufigkeit, wie gross jetzt der Zufall wäre, wenn es jetzt eine andere Waffe wäre. Da kann man eigentlich recht weit gehen mit diesem Gerät und das macht das sehr schnell und gut. Da sind wir gut aufgestellt, jetzt gerade bei den Schusswaffen. Bei anderen Sachen sieht es ein bisschen anders aus. Bei Stimmen oder so haben wir noch nicht sehr viel Vergleichsmaterial. Da sind wir noch mit dem Datenschutz am schauen. inwiefern wir Vergleichsmaterial haben können, um zu sagen, ob das jetzt von der gleichen Person gesprochen wurde oder von einer anderen Person. In der Chemie haben wir auch grosse Geräte und die managen eigentlich alle selber die Daten. Also die Daten von diesen Fällen werden in diesen Geräten abgeleitet.

Simon 0:08

Das heisst, ihr arbeitet vielfach mit Daten aus echten Fällen heraus, erhebt aber zum Teil auch noch selber Daten. Ich weiss auch nicht, vielleicht Reifenspuren. Fahrt ihr auf irgendwelchen Testgeländen umeinander, macht Vollbremsungen und fotografiert das nachher?

Martin Lohry 0:08

Ja, genau. Wir haben immer wieder Projekte von den Leuten, also von unseren Mitarbeitenden, die finden, das könnte man jetzt mal ein bisschen genauer untersuchen und genauer wissen. Und dann machen wir selber Versuche. Und das jetzt mit dem Reifen ist ein neues Projekt. Reiferspuren bei Umfällen von der Strasse können nachher einem ein oder anderen Auto, das involviert ist, zuzuordnen oder eben auszuschliessen. Und das ist bisher eigentlich schlecht möglich gewesen. Aber mit unserem neuen Gerät, das wir seit diesem Jahr bekommen haben, das Pyrolyse GC-MS, kann das analysieren und jetzt muss man das dann auch noch statistisch begleiten. Und für das bin ich da.

Simon 0:09

Ich denke, das ist ein sehr surreales Beispiel, das Film und Fernsehen verwendet, aber in der Tat braucht er und könnte er auch diese Sachen mit einer relativ hohen Genauheit, die auch vom Gericht bestanden hat, nachweisen.

Martin Lohry 0:09

nsatz. Nach dem BASE passt da:

Simon 0:10

Schlussendlich vergleichen Sie die Situation vor Ort mit den Hypothesen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. wie wahrscheinlich ist die Situation, die ihr antrefft, im Fall von einem Zutreffen von so einer Hypothese, von so einer Geschichte, die beispielsweise die Verteidigung vor Gericht vorbringt.

Martin Lohry 0:11

Genau, das ist der Ansatz. Es ist nicht auf Anhieb, nicht ganz sofort logisch und verständlich, aber wenn wir jetzt die Gleichung aufschreiben, versteht man das. Es ist eigentlich ein umgekehrtes Denken. Wir sagen eben, wie wahrscheinlich die Befunde sind unter Annahme der Hypothesen. Aber schlussendlich, das ist einfach der Beitrag, aber schlussendlich interessiert dann Staatsanwaltschaft oder das Gericht, wie wahrscheinlich ist die Hypothese. Und das können sie nachher quasi direkt einsetzen, unseren Beitrag einsetzen, unabhängig von anderen Beiträgen, um ihre Schlussfolgerungen oder ihre Schuldhaftigkeiten zu bestimmen. Indem wir diesen Ansatz wählen, sind wir in dem Sinn sehr transparent, weil wir zeigen, wo die Unsicherheiten sind, wir zeigen, woher wir die Daten haben, woher haben wir überhaupt die Analyse, was machen wir genau. Und wir schauen vor allem auch die Hypothese der Verteidigung vollumfänglich an. Wir schauen beides genau gleich intensiv an.

Simon 0:12

Jetzt, wir haben schon ein bisschen über Statistik geredet, ihr braucht aber auch in gewissen Bereichen Machine Learning Ansätze. Verzähl mal von denen.

Martin Lohry 0:12

Ja, also das hängt mit meiner Weiterbildung zusammen, die ich mit 55 in A gepackt habe, der ETH. Applied Statistics habe ich noch gemacht, das DAS, und das hat mir sehr viel Spass gemacht. Und das hat mich natürlich gewundert, könnte man das jetzt irgendwie anfangen umzusetzen bei unserer täglichen Arbeit? Und tatsächlich gab es dann ein Projekt bei der Chemie, Brandschuttreste analysiert haben.

Simon 0:12

Also Brandschuttreste sind, wenn man bei einem abbrennten Gebäude in ein abbrennendes Gebäude reinläuft, was auch immer dort noch so rumliegt. Also ein verkohlertes Sofa beispielsweise.

Martin Lohry 0:13

Ja, genau. Wobei die Reste nehmen wir in der Regel ein bisschen bodennähe. Weil dort allfällige Reste von Brandlegungsmitteln und da wird häufig halt Benzin gebraucht. noch vorhanden wären. Und jetzt kann natürlich das Benzin auch aus anderen Gründen dort sein, weil man vielleicht zum Beispiel Benzinreiniger dort noch gelagert hat oder sonst ein Kanister. Aber es könnte auch sein, dass jemand Benzin ausgeleert hat, um das anzünden. Und um das beweisen zu können, muss man dann die kleinen Brandschuttreste aufnehmen und bei uns in unserem Gerät analysieren. Und unsere Spezialisten sehen dann aus diesen vielen Peaks heraus, ja, da hat es noch Reste von Benzin drin oder nein, es hat keine Reste von Benzin drin. Da sind sie sehr gut, da machen sie es super gut, aber wir haben schon immer, also ich habe eigentlich gedacht, das könnte man auch statistisch noch ein bisschen unterstützen mit Machine Learning. Die Picks, die sind vorhanden. Das sind Chemikalien, die das Gerät identifiziert. Das kann man aus diesen Parametern machen. Da hat man eine riesige Tabelle, die kann man einspeisen. Wir haben dann gesagt, das geht nicht, weil es hat natürlich auch sehr viele Unwägsamkeiten drin, weil es hat sehr viele Chemikalien. Und auch eine Zeitverschiebung, wenn dann die Chemikalien rauskommen, ist ein bisschen flexibel und unterschiedlich und so weiter. Da gibt es noch Isomere und so weiter. Also es gibt ein paar so Randerscheinungen, die das Ganze ein bisschen erschwert und die haben dann gefunden, es sei nicht möglich. Und das triggert mich natürlich, das dann gleich auszuprobieren. Und dann hatten wir eine fleissige Studentin, die das Projekt begleitet hat und siehe da, es hat tipptopp funktioniert.

Simon 0:14

Und die Erkenntnisse, die wir jetzt aus der Brandschutt-Analyse gezogen haben, haben wir mittlerweile auch schon für andere Bereiche anwenden können.

Martin Lohry 0:15

Also wir brauchen es auch selber für das Benzin. Für die tägliche Arbeit brauchen wir das als Unterstützung für den Experten. Er verlässt sich nicht 100% auf die Machine Learning Resultate, sondern er muss es immer noch erklären können. Aber er hat eine zusätzliche Second Opinion, die objektiv ist. Einfach nur eine Zahl lieferte er. Und das hat natürlich dann sofort auch andere Leute interessiert. Also jetzt ist eine Grossfirma gekommen, die sich dafür interessiert, ganz neu. Denen sollen wir das noch erklären. Und dann sind auch Leute von Bayern und Baden-Württemberg gekommen. die gerne Drogenprofiling gemacht hätten mit diesem System. Und dann haben wir auch noch andere Geräte, jetzt ein bisschen ähnliche Sachen ausprobiert, zum Beispiel das Raman oder das FTR, das sind auch so Geräte mit Spektrografen, haben wir dann auch mit Support-Vecta-Maschinen Sachen ausgewertet, das hat auch tiptop funktioniert und das haben wir auch alles veröffentlicht, das kann man nachlesen übrigens.

Simon 0:16

Du hast jetzt gerne noch die Veröffentlichungen von Resultaten angesprochen. Es klingt alles sehr wissenschaftlich. Wenn ihr arbeitet in der Wissenschaft, tut man in der Regel eben auch Resultate, Erkenntnisse, Versuche publizieren in Fachzeitschriften. Macht ihr denn so etwas auch? Also macht ihr euch auch einen kritischen Feedback von Forscherinnen und Forschern?

Martin Lohry 0:16

Ja und nein. Also ein grosser Teil... bleibt intern, weil die Veröffentlichungen sind immer grosse Aufwände und eigentlich haben wir keine Zeit für das. Aber gerade so etwas bahnbrechend Neues wollen wir doch auch eben herausbringen und schauen, kann man das auch sonst anwenden, funktioniert das, haben wir Fehler gemacht. Jetzt gerade das mit dem Benzin habe ich zum Beispiel auch an der ETA an der Jahrestagung dieses Jahr noch vorgestellt und dann sind die zwei Professoren Statistiker gekommen und haben kritische Fragen gestellt. Also so haben wir eigentlich das Maximum an Feedback, Möglichkeiten, um herauszufinden, sind wir auf dem richtigen Weg, machen wir es richtig. Und die Veröffentlichung, natürlich gibt es einen gewissen Schutz, dass man noch wissenschaftlich korrekt unterwegs ist.

Simon 0:17

Es kann aber trotzdem sein, dass Leute voreingenommen sind, die in der Strafverfolgung arbeiten. Machen die auch irgendetwas gegen das?

Martin Lohry 0:17

Das ist ein Thema, das uns sehr stark beschäftigt, von Anfang an schon. auch eine Risikoanalyse in Interne und dort ist eindeutig, dass Fehlgutachten eines der schwerwiegendsten Risiken sind, wenn wir unbedingt vermeiden. Wir möchten auch zugunsten der angeklagten Leute oder der beschuldigten Leute, möchten wir nicht Fehler produzieren und haben darum ein- bis zweimal pro Jahr eine Veranstaltung, Contextual Bias oder Bias überhaupt, rekonstruierte Wahrheiten heisst die Veranstaltung mit externen Psychologinnen, die da kommen und uns wieder intern unterstützen. sensibilisiert auf das Thema, Gegenmassnahmen erläutert und aufzeigt. Und so, glaube ich, sind wir sicher besser aufgestellt.

Simon 0:18

Und schlussendlich sind dann viele von euren Gutachten während auch von Gerichten kritisch behandelt, kritisch diskutiert.

Martin Lohry 0:18

Das ist viel weniger stark der Fall als in Deutschland oder in anderen Ländern. Wir sind da leider eigentlich fachlich nicht wirklich stark challenged, sondern es sind dann mehr so formelle Sachen, ob man überhaupt das Material verwechselt hat und ob man überhaupt zuständig ist und so Sachen wird dann eigentlich diskutiert. Ich hatte selten, dass man mich wirklich fachlich genau nachgefragt hat. Ich meine, es ist ja meistens so, dass der Verteidiger sich eher erhütet davor, eine fachliche Frage zu stellen, weil er riskiert, dass ich das dann nochmal mit einem weiteren Nagel festnagle, den er nicht ausziehen kann. Und wenn ich jetzt den Staatsanwalt noch einmal eine Frage stellen würde, hätte er das ja im Vorfeld auch schon können, also macht er das eher nicht. Und das Gericht will ja seine Arbeit relativ rasch durchbringen. Von dem her ist auch nicht zu erwarten, dass viele Fragen gestellt werden.

Simon 0:19

Jetzt, ihr habt da schon in diversen Bereichen die statistischen Methoden gut aufgegriffen, sind mit Machine Learning Assets unterwegs. Woher könnte die Reise noch gehen? Oder wo siehst du vielleicht auch noch Defizite im grossen Rahmen deines Jobs?

Martin Lohry 0:19

Also wir müssen ja immer spüren, nachdem es passiert ist, nachdem Vorfälle passiert sind, müssen wir analysieren und nachher vergleichen, kommt das aus dieser Quelle, zum Beispiel eine Stimme, irgendeine Aufnahme von einer Person, er redet etwas und es wird aufgenommen und jetzt behauptet die Person, nein, ich habe das nicht gesagt. Dann geht es darum, hat er es wirklich nicht gesagt, ist es tatsächlich eine andere Person oder ist es diese Person? Und da hat man eine gewisse Ungenauigkeit. Die Person redet ja dann ein bisschen anders, wenn man eine Vergleichsaufnahme macht, Es ist auch vielleicht ein anderer Text, andere Emotionen, andere Umgebungsbedingungen. Und dann müssen wir das vergleichen mit anderen Personen, um zu sagen, wie gross wäre jetzt der Zufall, dass jetzt irgendeine andere Person genau die gleiche Stimme hat. Obwohl wir natürlich sehr gute Analysemethoden haben, die besten übrigens, die es aktuell gibt. gibt es trotzdem eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass jemand anders auch so gesprochen haben könnte. Und dafür brauchen wir eine gewisse Menge an zutreffendem Material. Beispielsweise ist es ein Mann, der um die 60 ist, ein Zürcher, so wie ich. Dann müsste man halt einfach eine gewisse Menge auch 60-jährige Zürcher, Männer haben, die darauf reden, damit man das vergleichen und abschätzen kann, wie gross der Zufall ist. Und da haben wir immer ein Problem mit dem Datenschutz, wobei wir es jetzt immer am lösen versuchen, dass wir die Vergleichsaufnahmen anonymisiert bei uns ablegen können, um zu vergleichen, wie gross der Zufall wird. Und wenn wir das ein bisschen besser lösen können, können wir die zuverlässigeren Aussagen treffen. Wir können besser vergleichen. die Statistik mit dem Base können wir nachher besser durchführen. Und da bin ich eben darum da, die Jahre, die ich da noch wirken darf, um das zu verbessern. Wir haben das Gleiche bei den Reifenspuren, bei verschiedenen Analysemethoden von Mikrospuren, Glas, Schusswaffen usw. Bei ganz vielen Themen haben wir die Herausforderung, dass wir das Vergleichsmaterial zur Verfügung haben, um zu vergleichen.

Simon 0:21

Vielen Dank, Martin, für die spannenden Einblicke in die Arbeit des Forensischen Instituts Zürich. Und vielen Dank für das Interesse, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Wenn ihr Fragen oder Anregungen zum heutigen Podcast habt, dann schreibt uns wie immer an datashop.statistik.zh.ch. Bis zum nächsten Mal. Macht's gut.

Person 03 0:22

Statistisch gesehen Datenreisen durch den Kanton Zürich

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