Der Standard. Das Wissen um die Abläufe, des Anfangs, des Endes, des Preises und der Zeit für ein Projekt ist der Wunschtraum jeder Einkaufsabteilung in jedem Unternehmen. Wer unternehmerisch denkt und plant, der benötigt Standards. Warum also tut sich der Markt bei Software noch immer so schwer damit, Standards zu implementieren? Dabei wäre dies so einfach. Denn, das weiß auch Margarete Hetmanczyk, CEO von Buyer4Buyer: 80 Prozent aller Unternehmensprozesse sind nahezu immer gleich, 15 Prozent der Unternehmensprozesse sind branchenspezifisch gleich oder zumindest sehr, sehr ähnlich und nur 5 Prozent unterscheiden sich tatsächlich grundsätzlich. Nur diese fünf Prozent machen einen echten Unterschied zwischen den Anbietern aus. Diese Erkenntnis sollten sich Unternehmen zunutze machen, wenn sie eine neue Software anschaffen und implementieren. Wenn 95 Prozent der Prozesse ohnehin weitgehend feststehen, warum wird dann beim Einkauf von Software versucht, Unterschiede zu betonen und das Rad immer wieder neu zu erfinden? Statt auf Vergleichbares zu schauen, wird gesagt, „bei uns ist alles ganz anders“.
Zugleich sind Unternehmen immer wieder über die hohen Preise von Software und deren Implementierung erstaunt. Sie glauben nämlich, dass ihre Prozesse schon tausendmal abgebildet und verkauft worden sein müssten. Doch das stimmt eben nicht – weil jeder das Rad irgendwie neu erfunden hat.
Der Grund: Es sind Interessen im Spiel. Da sind auf der Seite die Interessen der Anbieter, die natürlich daran interessiert sind, Dienstleistungen zu verkaufen und ihre Berater auszulasten. Und auf der Seite sind da die Interessen des Kunden, der die Einkaufsverhandlung aufgrund der komplexen Zusammenhänge und Fachtiefe meist nicht dem zuständigen Einkauf, sondern der IT-Abteilung überlässt, die wiederum spezifische Requirements im Fokus hat, nicht aber die Verhandlung um Preise und Lieferzeiten sowie wichtige Vertragsdetails abseits der eigentlichen Software.
Letztendlich ist dieses Dilemma nur aufzulösen, wenn zumindest eine Seite von einem „Standard”, also letztlich dem Verzicht auf die jeweils komplexeste und individuellste Lösung überzeugt ist, und sich stattdessen auf ein Optimum verschiedener Parameter festlegt – sich also auf die Standards und das Gleiche in Bezug auf die Prozesse und damit die grundlegenden Anforderungen der Software konzentriert. Hier wäre die IT-Abteilung des Kunden potenziell die empfängliche Seite – wenn sie erkennt, dass Standards nicht zwingend zu Einschränkungen führen, aber jede Menge Kosten und Mehraufwand sparen. Eine sinnvolle Beratung im Vorfeld hat deswegen immer Sinn und sollte ebenso zum Standard werden.
Software sollte immer die Prozesse eines Unternehmens abbilden. Wenn 80 bzw. 95 Prozent der Prozesse sowieso immer gleich sind, dann kann auch Software in ihrer Basisversion nahezu standardisiert werden. Ebenso der Prozess bei deren Implementierung. Unternehmen sollten aufhören, Unterschiede herbeizureden. Stattdessen sollten sie auf das Gemeinsame, die Standards schauen. Das würde Software verbessern, deren Einführung und die Digitalisierung allgemein erleichtern und jede Menge Kosten sparen – Geld, das dann in die Zukunft investiert werden kann und in eben jene fünf Prozent, die tatsächlich einen Unterschied machen. Diese fünf Prozent brauchen vielleicht wirklich eine eigene Entwicklung oder Programmierung. Und die kann umso besser gelingen, wenn sie von den anderen 95 Prozent abgekoppelt wird.
Wer Software klug einkauft, verschafft sich einen echten Vorsprung da, wo er auch Gewinn bringt: nicht beim Standard, sondern bei den wirklichen Besonderheiten und Unterscheidungsmerkmalen. Eine gute Beratung beim Einkauf ist die Lösung und verhindert Fehlentscheidungen. Standards sind nichts Schlechtes. Sie sichern die Zukunft.
Dies ist die 50. Folge GoCIO. Wir danken an dieser Stelle allen Gästen, Zuhörern, Fans und Unterstützern. Ab Herbst ist eine neue Staffel geplant – in einem neuen Format und mit neuen, herausragenden Gästen.
Wir bitten die schlechte Tonqualität dieser Episode zu entschuldigen.