Diese Woche in der Zukunft:
Machen wir mal eben die Energiewende klar. Wird die Energielandschaft in zehn Jahren anders aussehen als heute? Das wissen wir noch nicht. Aber sie muss. Sagt Christoph Ostermann, Gründer und langjähriger CEO von Sonnen und damit ein Wegbereiter für erneuerbare Energien in Deutschland.
In wenigen Jahren sollten wir bei 100% erneuerbaren Energie sein. Auf diesem Weg haben wir kein Innovationsproblem, sondern ein Installationsproblem. Die Energiewende hängt vor allem daran, dass wir schneller genehmigen und bauen. Dass wir es überhaupt wollen. Stichwort Windräder: Es rechnet sich, sie aufzustellen und zu betreiben. Punkt. Aber doch bitte nicht in meinem Garten… Und am Ende hängt die Energiewende auch daran, ob wir überhaupt ausreichend Handwerker haben, um alle die notwendigen Arbeiten auszuführen.
Aus aktuellem Anlass bei Christoph nachgefragt: Sind Atomkraft und Gas nachhaltig? Lächerlich.
Wird Energie am Ende mehr kosten? Wahrscheinlich ja, nimmt Christoph an. Ob das allerdings auch volkswirtschaftlich höhere Kosten sind, oder ob nur die Transparenz steigt, also die unmittelbaren Kosten steigen, aber die steuerfinanzierten Subventionen sinken? Das ist noch offen. Eine Vollkostenrechnung für die Stromerzeugung steht noch aus. Jedenfalls, sagt Christoph, war es ein cleverer Taschenspielertrick der Gegner erneuerbarer Energien, die EEG-Umlage direkt auf den Strompreis aufzuschlagen. So wird eine Sichtbarkeit von Mehrkosten erzeugt, die letztlich nur eine scheinbare ist. Schon heute ist Strom aus erneuerbaren Quellen günstiger.
Können wir überhaupt 100% erneuerbar? Wir haben womöglich nicht genug Räume in Deutschland, nicht die klimatischen Bedingungen, sind zu dicht besiedelt und haben große Belastungsspitzen. Da wird es schwierig, allein aus uns heraus erneuerbar zu werden. Christoph sagt, wir müssen das Thema international denken, mindestens europäisch, wenn nicht global.
Parallel wird sich die Branche weiter wandeln, hin zu dezentraler Versorgung, Netzwerken und Prosumern. Die Zeit der großen Konzerne muss dabei nicht vorbei sein. Sie haben die Chance, auch in einer neuen Energiewelt eine Rolle zu spielen. Christoph ist sich nur nicht sicher, ob die Konzerne schnell genug sind. Der Druck für die Großen ist groß. Was sie gemacht haben und konnten, ist: Nichts zu tun; damit bloß nichts falsch läuft. Vor weniger als zehn Jahren haben die Energieriesen das Thema Solar noch für irrelevant erklärt. Inzwischen hat Shell Christophs Unternehmen Sonnen gekauft, weil auch einem Konzern wie Shell klar ist, dass er den Wandel einleiten muss, dass es sonst kein Überleben gibt. Es darf hier, sagt Christoph, auch keine Berührungsängste geben. Jeder, der was tut und nicht nur redet, muss am Tisch der Energiewende willkommen sein.
Um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, werden wir die künftige Energielandschaft am absoluten Minimum ausrichten müssen, das wir immer brauchen. Ein Ergebnis: Wir werden meistens viel zu viel Strom haben. Viel zu viel. Unser europäisches Leben wird das nicht grundlegend ändern, sagt Christoph. Aber das ist vor allem eine gute Nachricht für die vielen Entwicklungs- und Schwellenländern, die heute noch nicht umfassend elektrifiziert sind. Das bringt Wohlstand in Regionen, die ihn heute noch nicht haben.
Zu Gast in dieser Woche:
Christoph Ostermann, Investor und Unternehmer, Vorreiter der erneuerbaren Energie in Deutschland, Gründer und langjähriger CEO von Sonnen