Über Gott reden. Für den Theologen Karl Barth einerseits ein Ding der Unmöglichkeit und andererseits eine Pflicht. Als Theologin stellt sich Hanna immer wieder in diese Spannung des Unsagbaren und des Sagbaren, des Geheimnisses Gottes und seiner Offenbarung. Dabei hebt sie beim Durchdenken immer wieder Erkenntnisschätze - kommt mit ihrem Verstand aber auch regelmäßig an Grenzen und entdeckt in der Kunst eine Möglichkeit, diesem Geheimnis auf einer weiteren Ebene des Menschseins nachzuspüren.
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Wir halten Ausschau nach dem Schönen, ergründen das Unergründliche und versuchen, das Staunen nicht zu verlernen. Alle zwei Wochen Gedanken zu Kunst und Glaube. Als Text und Audio.
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Gott zwinkert.
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:«Wir denken laut nach.
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:Über Gott, das Leben
und populäre Kunst.»
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:So die selbstgewählte Anforderung
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:für den Central Arts Blog,
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:die ich immer wieder gerne
zu erfüllen versuche.
7
:Und die mich aber
auch wieder vor
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:eine Herausforderung stellt,
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:die der Theologe Karl Barth folgendermaßen zusammenfasst:
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:«Wir sollen als Theologen
von Gott reden.
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:Wir sind aber Menschen
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:und können als solche
nicht von Gott reden.
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:Wir sollen Beides,
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:unser Sollen und unser Nicht-Können, wissen
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:und eben damit
Gott die Ehre geben.»
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:Als Theologin bin ich in diese Spannung gestellt.
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:Es ist mein Job, über, von
und mit Gott zu sprechen.
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:Mit und über ihn nachzudenken – vom Griechischen θεολογία,
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:vom altgriechisch θεός,
Gott und λόγος,
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:Wort, Rede, Lehre –
die Rede von Gott.
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:Das wird von mir erwartet.
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:Und ich tue es gerne.
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:Bemühe mich in Gesprächen
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:und Vorträgen
um die richtigen Worte.
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:Jongliere in meinen
persönlichen Reflektionen
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:mit der passenden Ausdrucksweise.
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:Taste nach Formulierungen,
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:versuche, meine Ohren und mein Herz auf Gott zu richten.
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:Durchforste Texte
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:aus den letzten 2000 Jahren
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:Kirchengeschichte nach Worten,
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:die in mir etwas
zum Klingen bringen.
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:Forsche und systematisiere
meine Erkenntnisse
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:beim wissenschaftlichen Arbeiten.
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:Manchmal gelingt es mir
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:und doch komme ich dabei immer wieder an meine Grenzen.
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:Und das hat zwei, wenn nicht sogar noch mehr Gründe.
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:Aber diese zwei bewegen mich immer wieder.
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:Eine Begrenzung liegt darin, dass ich Mensch bin und Gott Gott ist.
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:Ich bin begrenzt
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:und versuche über den Grenzenlosen zu sprechen.
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:Ich bin in diese Zeit
und an diesen Ort gestellt
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:und stehe dabei dem Ewigen und Allgegenwärtigen gegenüber.
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:Und doch:
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:Ich versuche einem Geheimnis auf die Spur zu kommen,
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:von dem der Evangelist Johannes
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:im Prolog als «fleischgewordenes Wort Gottes» spricht.
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:Was mir durchaus
rätselhaft erscheint,
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:versuche ich so zu fassen:
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:Gott, der sich in einem Kind offenbart und so für mich
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:greifbar, für mich zu einer konkreten Person wird.
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:Jesus.
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:Und so stehe ich
in der Spannung
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:zwischen Offenbarung
und Geheimnis.
55
:Zwischen dem,
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:was ich anhand von Gottes Geschichte mit den Menschen
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:der Bibel und Berichten über das Leben und Sterben von Jesus
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:über ihn sagen kann, und dem,
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:was ich nicht verstehe und
wo er mir verborgen bleibt.
60
:Und wo ich ihn vielleicht auch gar nicht verstehen muss.
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:Sondern auch fühlen,
erahnen, genießen darf.
62
:Und das bringt mich zu einer zweiten Begrenzung,
63
:die das Nachdenken
über Gott mit sich bringt:
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:Es ist das Format selbst, das Denken als Weg zur Erkenntnis.
65
:Der Protestantismus
hat aufgrund
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:seiner historischen Umgebung,
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:der Aufklärung, in der er sich entwickelt hat, eine Tendenz
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:zur Betonung des Verstandes
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:als zentrales Merkmal
des Menschen.
70
:Um mit Kant zu sprechen:
«Ich denke, also bin ich.»
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:Was zur damaligen Zeit durchaus eine Errungenschaft war,
72
:stellt auch eine einseitige
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:und verkürzte Betrachtungsweise des Menschen dar.
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:Denn der Mensch ist nicht nur,
was er denkt,
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:er ist nach frühchristlichem Verständnis Körper, Seele
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:und Geist.
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:Er tut, er empfindet,
er denkt.
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:Gerade das wichtigste Gebot,
79
:das Doppelgebot der Liebe,
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:offenbart dieses Menschenverständnis,
81
:bei dem all das auf komplexe
und umfangreiche Art
82
:und Weise miteinander
verwoben ist
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:und sogar noch die zwischenmenschliche
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:Beziehungskomponente miteinschließt:
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:«Du sollst den Herrn,
deinen Gott, lieben
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:von ganzem Herzen,
mit deiner ganzen Seele,
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:mit aller deiner Kraft
88
:und mit deinem ganzen Denken» (5. Mose 6,5)
89
:und «deinen Nächsten wie dich selbst» (3. Mose 19,18).
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:Dieses Menschenverständnis weitet und beflügelt mich
91
:und ich entdecke dadurch neue Wege, Gott zu begreifen.
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:Ein Weg ist die Kunst.
93
:Die Musik. Die Poesie.
94
:Weil sie mir hilft, zu formulieren und auszudrücken,
95
:was meine systematisch-theologischen
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:Gedankenwege nicht können.
97
:Weil sie nicht mein Denken ansprechen,
98
:sondern mein Empfinden.
99
:Oder wie Goethe
es formuliert:
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:«Die Kunst ist eine Vermittlerin
des Unaussprechlichen.»
101
:In einem achtsam
gestalteten Kunstwerk,
102
:in einer kunstvoll
komponierten Melodie
103
:und in einem gut durchdachten und ansprechenden Design
104
:begreife ich Gottes unsagbare Schönheit und Herrlichkeit mehr,
105
:als es mir eine
wissenschaftliche Abhandlung
106
:jemals vermitteln könnte.
107
:Die systematische Theologin
und Poetin Xiaoli Yang
108
:drückt es sehr charmant in einem ihrer Gedichte so aus:
109
:«Theology systemizes
our thoughts
110
:of the eternal mass
into categories
111
:creates words of
paradox
112
:and abstraction
and labels them
113
:in the safe
box of our doctrines
114
:we think
the epistemology of God
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:and God winks.»
116
:Gott zwinkert.
117
:Der Grenzenlose
lässt sich nicht begrenzen,
118
:und begrenzt sich doch
selbst in einem Kind.
119
:Er offenbart sich auf so viele unterschiedliche Arten,
120
:die teilweise in ergänzender Spannung zueinander stehen.
121
:Und so will ich
nicht aufhören
122
:über, mit und von
Jesus zu sprechen,
123
:über ihn nachzudenken
124
:und Theologie zu treiben –
125
:und dort, wo mir
die Worte fehlen
126
:die Kunst für mich
sprechen lassen
127
:und statt zum theologischen Fachbuch doch mal wieder
128
:zum Gedichtband greifen.