Artwork for podcast Das Schwere leicht gesagt
Familienunternehmen und Trauerprozesse - Dr. Tom Rüsen
Episode 6718th April 2024 • Das Schwere leicht gesagt • Stefan Hund
00:00:00 00:31:55

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Shownotes

Enkelfähigkeit braucht Trauerprozesse

Prof. Dr. Tom Rüsen im Gespräch mit dem Trauermanager

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Prof. Dr. Tom Rüsen ist geschäftsführender Vorstand der WiFU-Stiftung.

Ihm und seinem Team geht es um die wissenschaftliche Unterstützung der Familienunternehmen - und das auf universitärem Niveau (Witten-Herdecke).

Hier geht es zu WIFU-Handreichung "Loslassen und Lernen"

Stichworte aus dem Interview:

  • Bedeutung von Familienunternehmen - und WiFU

- Forschung und Praxistransfer im Bereich Familienunternehmertum

- Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft

  • Unternehmensnachfolge und deren Herausforderungen

- Die richtige Form der Übertragung und Enkelfähigkeit von Familienunternehmen

- Die hohe Anzahl an stehenden Unternehmensübergaben

- Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung bei schlechter Nachfolgeplanung

  • Problematik der Unternehmensnachfolgen

- Insolvenzen und Geschäftsaufgaben bei fehlenden Nachfolgern

- Schwierigkeiten im handwerklichen Sektor bezüglich der Nachfolge

Vorbereitung auf die Unternehmensübergabe

- Notwendigkeit frühzeitiger Planung der Nachfolge

- Entwicklung eines familienstrategischen Entwicklungsprozesses

- Möglichkeiten der Nachfolgefindung

  • Senioren im Unternehmen und Übergangsprozesse

- Schwierigkeiten beim Loslassen des Unternehmens für Senioren

- Notwendigkeit deutlicher Veränderungen und Rituale zur Unterstützung des Nachfolgeprozesses

  • Identitätsfindung und neue Aufgaben für Senioren

- Sinnerfüllung und Beschäftigung nach der Übergabe

- Beispiele für neue Sinnfindungen und Tätigkeiten

  • Die psychologische Seite des Loslassen

- Bedeutung von Unternehmertum und der Umgang mit Verlustängsten

- Unterstützung bei der emotionalen Verarbeitung des Übergangs

Übergangsrituale und deren Bedeutung

- Notwendigkeit klarer Zeichen und Übergangsrituale

- Die Rolle von Übergangsritualen für den Übergang von Macht und Identität

Handling von Führungswechseln und Verkaufsprozessen

- Herausforderungen beim Führungswechsel und Verkauf des Unternehmens

- Die Bedeutung der Familienstrategie und des Umgangs mit den resultierenden Emotionen

  • Rolle von Vertrauenspersonen und Beratung

- Unterstützung durch Vertrauenspersonen im Prozess des Unternehmensübergangs

- Der Einfluss von kirchlichem Kontext und Seelsorge

  • Notfallplanung für Unternehmer (Notfallkoffer)

- Relevanz von Notfallvorsorge wie Testamente und Vollmachten

- Vorgehen beim "Probesterben" und Kommunikation mit Angehörigen

Herzlichen Dank für das Gespräch - Es fand im März 2024 statt

(C) Trauermanager.de

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Wir sprechen über Themen rund um Trauer. Für Unternehmer, Führungskräfte und Betriebsräte.

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Transcripts

Speaker:

[Hintergrundgeräusche]

Speaker:

Liebe Hörerinnen und Hörer, eine neue Folge von "Das schwere leicht gesagt".

Speaker:

Herzlich willkommen. Heute habe ich eingeladen, Professor Dr. Tom Rüssen.

Speaker:

Erstmal ganz ganz herzlich willkommen.

Speaker:

Vielen Dank.

Speaker:

Sie sind Professor, Geschäftsführer der Vorstand der WFU-Stiftung,

Speaker:

so quasi die interne Universität für Familienunternehmen.

Speaker:

Habe ich das so richtig verstanden?

Speaker:

Ja, das kann man sehr gerne so sagen.

Speaker:

Wir machen in der Tat sehr viel Forschung und Praxistransfer im Bereich des

Speaker:

Familienunternehmertums.

Speaker:

Ich denke, das ist einfach gerade für die heutige Zeit und der Mittelstand ist aus

Speaker:

meiner Sicht und ich denke mal, das teilen wir wirklich das Rückgrat der deutschen

Speaker:

Wirtschaft. Und ja, ich denke, da brauchen wir an dieser Stelle einfach auch

Speaker:

Forschung, damit wir wirklich gut gerüstet in die Zukunft gehen können.

Speaker:

Wie ist denn das, die Weitergabe bei den Unternehmen mit warmen Händen zu geben, ist doch immer

Speaker:

am besten, oder?

Speaker:

Ja, das ist natürlich eigentlich auch die richtige Form der Übertragung, weil Familienunternehmen

Speaker:

sind ja auf Enkelfähigkeit ausgerichtete Organisationen.

Speaker:

Und da ist es natürlich sinnvoll, dass man das Unternehmen und die Verantwortung und

Speaker:

die Strukturen zu Lebzeiten auf eine gute Art und Weise auf die nächste Generation überträgt.

Speaker:

Wenn ich mir die IHK-Zeitungen angucke, dann haben wir in den nächsten zwei, drei Jahren

Speaker:

ungefähr eine halbe Million von Unternehmen, die eine Nachfolge suchen.

Speaker:

Wie sehr brennt Ihnen das Thema unter den Nägeln?

Speaker:

Das Thema der Nachfolge ist schon das Hauptthema, was wir aktuell beobachten.

Speaker:

Es gibt eine große Anzahl, wie Sie gerade richtigerweise sagen, von Unternehmen, etwa

Speaker:

36.000 pro Jahr, die übertragen werden müssen.

Speaker:

Und da hängt natürlich eine ganze Menge an volkswirtschaftlicher Wertschöpfung, viele

Speaker:

Arbeitsplätze dran.

Speaker:

Und wenn man diese Nachfolge nicht gut vorbereitet, dann kann das auch zum Verlust von Arbeitsplätzen

Speaker:

und von Wirtschaftsleistungen bei uns führen.

Speaker:

Das eine ist ja, man gibt es in jüngere Hände.

Speaker:

Das nächste ist aber auch, und da sind ja im Augenblick auch die Zeitungen voll davon,

Speaker:

und wir kennen beide persönliche Beispiele, wo das Unternehmen eben halt nicht mehr weitergegeben

Speaker:

werden kann, Stichwort Insolvenz.

Speaker:

Wie erleben Sie es an dieser Stelle, bevor wir nachher nochmal in die Details gehen?

Speaker:

Ja, also eine Insolvenz hat ja meistens einen kritischen Vorlauf. Das heißt, dass das Unternehmen

Speaker:

nicht mehr wettbewerbsfähig, überlebensfähig geführt werden kann. Das ist natürlich dann

Speaker:

der Schlimmste aller Varianten. Die zweit traurigste ist die Geschäftsaufgabe, weil

Speaker:

man vielleicht keinen Nachfolger gefunden hat. Das ist tatsächlich etwas, was wir jetzt

Speaker:

sehr häufig erleben, insbesondere bei kleinen und kleinsten Unternehmen, gerade im handwerklichen

Speaker:

Bereich findet man einfach keine Nachfolgerin, keinen Nachfolger aus

Speaker:

verschiedensten Gründen und das bedeutet natürlich dann zunächst mal den

Speaker:

Untergang eines Unternehmens. Wenn wir an die Prinzipien der

Speaker:

Marktwirtschaft glauben, dann können wir hoffen, dass dann auf der anderen Seite

Speaker:

andere Unternehmensformen entstehen. Wenn ich mir aber die Versorgungslage über

Speaker:

Handwerksleistung, Handwerksdienstleistung momentan anschaue, dann bin ich mir nicht

Speaker:

sich aber unsere marktwirtschaftlichen Kräfte an der Stelle funktionieren. Also da sehe ich schon

Speaker:

ein großes Problem auf uns zukommen, weil mehr und mehr Handwerksbetriebe eben keine Nachfolgenden

Speaker:

finden und dann eben aus dem Geschäft aussteigen und dann gibt es diese Leistung einfach nicht mehr

Speaker:

und dann müssen wir mal gucken, was das mittelfristig bedeutet. Also das ist schon

Speaker:

ein großes Problem, was wir haben. >> JANISCHE WIEGER: Wie kann ich mich am

Speaker:

am besten vorbereiten? Ich habe jetzt selbst gerade meinen 60. Geburtstag gehabt. Das heißt,

Speaker:

wenn das jetzt mein Unternehmen wäre, wie könnte ich mich denn am besten vorbereiten?

Speaker:

>> JÖRG PETERS: Ja. Also zum einen müsste man einmal überlegen, wer kann denn eigentlich

Speaker:

auf die Führungsfigur, wenn wahrgenommen, Sie wären jetzt hier der Unternehmenslenker,

Speaker:

werden hier, das Oberhaupt, dann muss man sich eigentlich nicht erst mit 60 die

Speaker:

Frage stellen, sondern man muss sich eigentlich regelmäßig die Frage stellen,

Speaker:

was passiert eigentlich, wenn ich sozusagen das Unternehmen nicht mehr

Speaker:

führen kann? Das kann ja auch von kalten Händen, Sie sprachen gerade von warmen Händen

Speaker:

passieren. Ich habe einen Unfall, ich bin krank. Wer kann das Unternehmen dann

Speaker:

eigentlich statt meiner führen? Diese Fragen sollte man sich eigentlich auch schon mit

Speaker:

40 stellen, weil es kann ja immer mal ein Unfall passieren. Und je älter man

Speaker:

wird. Also spätestens mit Mitte 50 muss man sich die Frage stellen, wer soll denn

Speaker:

mir mal nachfolgen? Und wenn man plant, mit vielleicht Mitte 60 in Rente zu

Speaker:

gehen, dann ist es natürlich wichtig, dass man frühzeitig überlegt, habe ich

Speaker:

im Unternehmen Menschen, denen ich das zutraue, die mir vielleicht das

Speaker:

Unternehmen abkaufen? Oder habe ich in der Familie jemanden, auf den ich die

Speaker:

Hoffnung setze, zum Beispiel Kinder oder Neffen oder Nichten? Und dann braucht es

Speaker:

Wir sprechen von einem familienstrategischen Entwicklungsprozess.

Speaker:

Das heißt, dass man sich dort hinsetzt, erst mal in der Familie und schaut,

Speaker:

gibt es jemanden, der kann und der will oder der potenziell könnte und potenziell

Speaker:

das Interesse hat und dann muss man einen Prozess definieren.

Speaker:

Finde ich innerhalb der Familie niemanden, muss ich, wie gesagt, im Unternehmen schauen,

Speaker:

finde ich dort niemanden.

Speaker:

Da muss ich dann eben schauen, zum Beispiel bei den Handwerkskammern oder Industrie-

Speaker:

und Handelskammern, dort gibt es ja in aller Regel Nachfolgebegleiter,

Speaker:

Nachfolgeberater, die einem dann helfen, vielleicht auch mal zu schauen,

Speaker:

gibt es im Kamerabezirk jemanden, dort gibt es ja sowas wie Vermittlungsbörsen,

Speaker:

also dass man ganz gezielt überlegt, hier, wie kann es denn weitergehen,

Speaker:

wenn ich mal nicht mehr das Unternehmen führen kann?

Speaker:

Weil es ist oftmals nicht die Idee, bis weit in die 70er Jahre hinein

Speaker:

das Unternehmen fortzusetzen, weil das Unternehmen auch irgendwann frische Kräfte braucht.

Speaker:

Sich damit aber auseinanderzusetzen, fällt, je älter man wird, umso schwerer.

Speaker:

Deshalb ist es entscheidend, dass man damit frühzeitig anfängt, frühzeitig sich vielleicht

Speaker:

auch eine externe Unterstützung, zum Beispiel von den Kammern oder aus dem Umfeld jemanden

Speaker:

sucht, mit dem man darüber regelmäßig ins Gespräch geht.

Speaker:

Meistens sind es ja die Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, die Vertrauenspersonen,

Speaker:

um dann eben einfach einen Plan aufzusetzen und regelmäßig darüber in den Austausch zu kommen.

Speaker:

Und mal angenommen, man findet jemanden, dann ist es natürlich ganz wichtig,

Speaker:

dass man auf der privaten Seite auch anfängt, sich eine Alternative aufzubauen,

Speaker:

also ein Hobby oder eine andere Freizeitbeschäftigung,

Speaker:

vielleicht ein gemeinnütziges Engagement oder eine Tätigkeit in der Hochschule,

Speaker:

wo man sein Wissen weitergibt, wie auch immer,

Speaker:

sodass es einem dann auch leicht fällt, loszulassen.

Speaker:

Ja, dieses leicht fallen, loszulassen.

Speaker:

Ich war ja nun viele, viele Jahre Gemeindepfarrer und ich habe vielfach erlebt,

Speaker:

da ist jetzt ein Unternehmer, der in Ruhestand gegangen ist,

Speaker:

oder es gab es dann teilweise auch Führungskräfte,

Speaker:

haben den goldenen Spazierstock angeboten bekommen, aber sie wussten nicht, was passiert

Speaker:

dann. Und genau diejenigen, die das nicht wussten, die darauf keine Antwort hatten,

Speaker:

da stand in der Regel neun bis zwölf Monate später die Beerdigung an. Das heißt also,

Speaker:

viele schaffen das nicht mehr. Wie kann ich mich an dieser Stelle auch auf so einen Moment

Speaker:

vorbereiten? Denn es heißt ja auch im Endeffekt loslassen, wie die Studie bei Ihnen. Ich muss

Speaker:

im Endeffekt auch trauern. Ich war ja der große oder die große Chefin mit öffentlicher Reputation

Speaker:

und so weiter und so fort. Wie kann ich damit umgehen oder wie erleben Sie das?

Speaker:

Ja, die Frage, die wir hier zu betrachten haben, ist, was bedeutet denn dieses Unternehmertum für

Speaker:

die Person. Sie sprachen gerade, jemand hat einen guten Ausstieg theoretisch

Speaker:

gefunden und dann ist die Frage, und was nun, wohin mit meinem Leben?

Speaker:

Wir sprechen hier eigentlich über nichts weniger als über die

Speaker:

Sinnenerfüllung. Wofür bin ich denn jetzt eigentlich da? Was ist denn wichtig in

Speaker:

meinem Leben? Und wenn 35, 40 Jahre eigentlich nur eine Sache vorne stand und

Speaker:

zwar die Beschäftigung mit den Problemen meiner Kunden, mit meinen Mitarbeitern,

Speaker:

dann ist es natürlich schwierig, wenn Sie jetzt plötzlich dieses, ich sage mal, Lebenselixier nicht mehr haben und dort eine große Leere eintritt.

Speaker:

Und die Angst vor dieser großen Leere ist es übrigens, die oftmals Senioren davon abhält, überhaupt etwas an ihrer Nachfolge zu tun, weil man weiß ja gar nicht, wohin mit sich.

Speaker:

Also hier ist genau die Frage, die Sie aufwerfen zu stellen.

Speaker:

Vielleicht ist da sogar ganz hilfreich, das auch im kirchlichen Kontext mit jemandem

Speaker:

mal zu diskutieren. Gerade die Vertrauensperson, wo man sagt, was kann ich denn tun?

Speaker:

Muss ich jetzt alle Versprechen, die ich meiner Ehefrau die letzten 30 Jahre gegeben

Speaker:

habe, muss ich jetzt plötzlich alle einlösen und nur noch Kreuzfahrten machen oder was auch immer ich damals versprochen habe?

Speaker:

Da kommt meistens die Ehefrau, der ist nicht den ganzen Tag da, ich weiß jetzt gar nicht mehr.

Speaker:

Genau.

Speaker:

Es könnte auch sein, dass die Ehefrau sagt, bitte sorgen Sie für ihn für eine

Speaker:

gemeinnützige Aufgabe in der Gemeinde.

Speaker:

Der fängt mir an, das ganze Haus auf den Kopf zu stellen, so wie bei Papa und

Speaker:

Deportes. Das bedeutet tatsächlich in der Lebensphase,

Speaker:

gerade in dem Unternehmer-Ehepaar auch, ein ganz neues darauf einstellen,

Speaker:

so ähnlich wie diese Phase, die Sie aus der Entwicklungspsychologie,

Speaker:

Familienpsychologie kennen, dieses "Empty-Nest-Syndrom",

Speaker:

wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Speaker:

Da muss man sich als Ehepaar ja auch noch mal neu finden.

Speaker:

Bei einer Unternehmer-Ehe ist tatsächlich dieses "Ich gehe in den Ruhestand"

Speaker:

eine ganz kritische Phase, wo man eben vorbauen muss,

Speaker:

dass man dann überlegt, was machen wir dann?

Speaker:

Und da gibt es auch sehr gute Beispiele, wie man eine neue Sinnfindung

Speaker:

entwickeln kann.

Speaker:

Also das eine ist, wie gesagt, ein Hobby. Es gibt Leute, die sind dann im künstlerischen Bereich unterwegs.

Speaker:

Oder aber, wenn ich eben doch meine unternehmerische Energie nutzen möchte,

Speaker:

dann ist es zum Beispiel so, dass Seniorunternehmer da sagen, okay, ich unterstütze Unternehmensgründer mit meinem Netzwerk,

Speaker:

mit meinem Wissen, vielleicht auch ein bisschen mit Kapital und gebe dort weiter,

Speaker:

was ich sozusagen an Möglichkeiten, an Ressourcen weiterzugeben habe.

Speaker:

Eine zweite Möglichkeit kann sein, dass man in der Hochschule sich als Dozent engagiert.

Speaker:

Kenne ich auch gute Beispiele, gerade wenn man Fachexperte für eine Fragestellung ist.

Speaker:

Eine dritte Möglichkeit, die sehr häufig auch gewählt ist, ist eine gemeinnützige Tätigkeit.

Speaker:

Also man gründet eine gemeinnützige Stiftung, nimmt sich ein Thema vor und setzt seine ganze

Speaker:

unternehmerische Power ein, um hier ein Problem in der Gesellschaft zu lösen.

Speaker:

mit finanziellen Mitteln, mit Netzwerk, mit seiner unternehmerischen Tatkraft.

Speaker:

Also da gibt es schon viele Möglichkeiten.

Speaker:

Wichtig ist nur, dass man damit nicht einen Tag vor dem 65. oder 66. Geburtstag anfängt,

Speaker:

sondern das muss langfristig sozusagen integriert werden,

Speaker:

sodass man etwas Neues hat, auf das man sich hinfreuen kann,

Speaker:

dass der Abschied nicht so schwer ist.

Speaker:

Also man braucht etwas, um die damit einhergehende Trauer eigentlich zu überwinden.

Speaker:

>> JÖRG PETERS: Ja, also mir fallen im Augenblick auch in unserem Umfeld einige Situationen

Speaker:

ein. Zum einen ist der Unternehmer, kann im Endeffekt nicht loslassen und dann hat man

Speaker:

im Unternehmen noch ein Büro eingerichtet und dann kann er eben halt, ich sag's mal

Speaker:

ein bisschen flapsig, im Small Land noch ein bisschen werkeln. Aber jeder sagt im Endeffekt,

Speaker:

ich hoffe, dass er nicht so oft kommt, denn die Mitarbeiter, die er eingestellt hat, die

Speaker:

höre natürlich noch auf ihn und nicht auf die neue Geschäftsführung. Da ist

Speaker:

ja häufig ein kritischer Punkt und weshalb dann auch der Junior oder die

Speaker:

Junioren sagt, also Vater, entweder du gehst oder ich gehe.

Speaker:

Ja, das sind ganz schmerzhafte Loslösprozesse, wenn man im Vorfeld

Speaker:

nicht überlegt, wie funktioniert das dann. Weil wenn sichtbar sich nichts

Speaker:

ändert, das heißt, wir vereinbaren jetzt so, ab morgen ist alles anders und es

Speaker:

Es ändert sich nichts, denn der Senior kommt jeden Morgen, wie immer, um 7.15 Uhr, sitzt

Speaker:

in seinem Büro, ist präsent, läuft durch die Fertigungshalle, guckt nach dem Rechten.

Speaker:

Dann werden die Mitarbeitenden natürlich nicht ernsthaft glauben, dass der Junior oder

Speaker:

die Juniorin jetzt in der Kraft ist.

Speaker:

Deshalb braucht es dort auch ganz sichtbare Veränderungen oder Rituale.

Speaker:

Sie kennen das mit dem Staffelstab, dass man irgendwie eine Betriebsfeier macht, wo dann

Speaker:

feierlich der Senior an die Juniorin einen Staffelstab übergibt.

Speaker:

Aber dann muss man das eben auch wahrnehmen im täglichen Betriebsalltag.

Speaker:

Also zum Beispiel, dass die Unternehmerfamilie,

Speaker:

also dass die Büroräume zum Beispiel verändert werden,

Speaker:

dass die Mitarbeitenden nicht mehr an dem alten Seniorbüro vorbeikommen,

Speaker:

sondern dort sitzen dann sichtbar die Junioren.

Speaker:

Dass vielleicht auch der Senior nicht mehr jeden Tag ins Büro kommt,

Speaker:

dass bestimmte Routinen unterbrochen werden, sodass man dann in einfach einen neuen Betriebsalltag

Speaker:

reinkommt.

Speaker:

Und das muss man im Vorfeld besprechen, sonst kommt es eben zu den von Ihnen beschriebenen

Speaker:

Brüchen.

Speaker:

>> DOREEN SIEGFRIED: Ja.

Speaker:

Also ich denke, Anfang letzten Jahrhunderts, 1910/12, hat ja Arnold van Genep ein großes

Speaker:

Buch geschrieben, Passagerieten.

Speaker:

Und im Endeffekt, die Menschen in allen Kulturen suchen im Endeffekt ein Zeichen oder ein Übergangszeichen,

Speaker:

sie sagten eben gerade Staffelstab, um diese unklare Situation, die natürlich auch auf

Speaker:

allen Seiten Befürchtungen heraufbeschwört, nach dem Motto, wie ist denn jetzt die neue?

Speaker:

habe ich da auch noch mein Büro und so weiter und sofort meinen Dienstwagen und die ganzen anderen Nettigkeiten.

Speaker:

Wie stark muss eigentlich an dieser Stelle auch so ein Übergangsritual sein?

Speaker:

Beziehungsweise umgekehrt, als Systemiker erlebe ich häufig, wenn es in dieser Situation kracht, hat es kein Übergangsritual gegeben.

Speaker:

Ja, also im Prinzip genau das, was wir gerade schon angeschaut haben.

Speaker:

Man muss das nur im Vorfeld überlegen, weil wenn Sie sagen, die Annehmlichkeiten, alles bleibt gleich, wie es ist,

Speaker:

dann ändert sich nichts und man kommt eben auch als Senior in die Versuchung, wieder weiter einzusteigen

Speaker:

und als Junior oder Juniorin vielleicht auch in die Gefahr zu sagen, ja, er hat mir ja alles geschenkt,

Speaker:

ja auch so dankbar und sich dann eben nicht traut.

Speaker:

Deshalb es braucht diesen Cut und gut gelungene Übergaben funktionieren etwa so,

Speaker:

dass man nach dieser Übergabe vielleicht eine etwas längere Phase hat, wo der Senior

Speaker:

vielleicht auch mal länger in Urlaub geht, aber wo sichtbar auch, wie gesagt, ein Bürowechsel ist

Speaker:

und wo bestimmte Routinen stattfinden. Man muss das im Vorfeld nur klären und es braucht,

Speaker:

Und das ist das ganz Wichtige für den Senior, eine Unterstützung beim Loslassen lernen.

Speaker:

Weil das ist für die sehr, sehr hart.

Speaker:

Und was hat sich da bewährt?

Speaker:

Beispielsweise so eine Ausphase.

Speaker:

Man sagt, ich komme in den ersten Wochen nach der Übergabe nur noch vier Tage die Woche ins Büro,

Speaker:

dann nur noch drei Tage, dann nur noch zwei Tage, sodass man wirklich sichtbar weniger macht.

Speaker:

Aber das gelingt, wie gesagt, nur dann, wenn in den anderen zwei Tagen, drei Tagen man einen lebensfüllenden Raum hat,

Speaker:

also wo man wirklich beschäftigt ist. Sonst wird es eben sehr, sehr schwierig.

Speaker:

Und dann kommt das, was Sie gerade andeuten, dann kommen Rückfälle, dann will man doch wieder eingreifen.

Speaker:

Vielleicht wird man sogar auch aus der Organisation angespielt, weil die Organisation ja auch Angst hat.

Speaker:

Und die dort Mitarbeitenden vielleicht mit bestimmten Neuerungen gar nicht einverstanden

Speaker:

sind, die die Tochter oder der Sohn einführt oder der Nachfolger.

Speaker:

Und dann sagt man, ach, wissen Sie, unter Ihrer Führung, da war doch alles viel besser

Speaker:

und haben Sie es schon mitgekriegt.

Speaker:

Ihr Sohn oder der neue Geschäftsführer, der will jetzt, ist das wirklich so?

Speaker:

Und plötzlich wird man angespielt und da muss man extrem resilient sein, dort nicht

Speaker:

in so eine Falle einzudrehen.

Speaker:

Die Falle gibt es ja meistens da nicht, wenn das Unternehmen übernommen wird.

Speaker:

Wir haben ja im Augenblick, gucken wir einfach in die Zeitung rein, gibt es hier und dort

Speaker:

und da Insolvenzen, Übernahmen durch Konkurrenten, sei es eine wirklich feindliche Übernahme

Speaker:

oder einfach nur, wir wollen unser Geschäftsfeld von Asien oder von Amerika aus auch nach EU

Speaker:

ausweiten.

Speaker:

Wie ist es an dieser Stelle? Da hat ja der Senior oder die Seniorin nochmal größere Themen,

Speaker:

weil da ja auch das eigene Lebenswerk ganz massiv betroffen ist, wo man einfach sieht,

Speaker:

das existiert nicht mehr weiter.

Speaker:

Ja, das ist genau die Herausforderung. Wenn jetzt das Unternehmen, also eine Expansion ist immer eine Herausforderung,

Speaker:

aber das kann ehrlich gesagt auch ein guter Befreiungsschlag für eine Juniorgeneration sein,

Speaker:

dass sie das Unternehmen auf eine neue Art und Weise erfolgreich weiterentwickelt.

Speaker:

Das kann ein guter Schritt sein, um sich dann auch die Meriten als neue Generation zu verdienen.

Speaker:

Wenn es aber so ist, dass das Unternehmen vielleicht verkauft wird durch die Juniorgeneration,

Speaker:

das ist natürlich dann teilweise sehr, sehr schwierig, weil hier geht es ja um nicht weniger als das Lebenswerk des Seniors,

Speaker:

der Seniorgeneration, vielleicht auch der Großeltern- oder Urgroßeltern-Generation.

Speaker:

Und solche Verkaufsprozesse gelingen eigentlich nur, wenn sie sehr gut

Speaker:

familienstrategisch gerahmt sind. Denn der Verkauf des Familienunternehmens

Speaker:

lässt sich teilweise auch beobachten als eine Art Palust eines Familienmitgliedes.

Speaker:

Auch wenn es kein physisches Familienmitglied ist, das Familienunternehmen wird oftmals

Speaker:

wie ein imaginäres, omnipräsentes Familienmitglied erlebt.

Speaker:

Und dann ist natürlich so ein Verkaufsprozess sehr, sehr schmerzhaft.

Speaker:

Und da ist dann die Frage, wie ist es dann auch sinnvoll,

Speaker:

die Seniorgeneration hier überhaupt noch einzubeziehen.

Speaker:

Vielleicht ist es gerade wichtig, dass sie sich da komplett raushält und sagt,

Speaker:

okay, ich habe das Unternehmen übertragen,

Speaker:

du wirst es schon in unserem Sinne richtig machen.

Speaker:

Das ist ein ganz, ganz schwieriger Prozess.

Speaker:

Aber wenn man über den Verkauf nachdenkt, dann sollte man gleichzeitig überlegen,

Speaker:

was machen wir eine Minute nach dem Verkauf mit uns als Unternehmerfamilie.

Speaker:

Weil das Familienunternehmen ist oftmals so etwas wie der Identitätskern der Unternehmerfamilie.

Speaker:

Und der Verkauf bedeutet dann, man ist eigentlich emotional und identitätsmäßig entkernt.

Speaker:

Also da braucht man ganz schnell eine Idee, was man sonst macht,

Speaker:

mit sich, mit seiner Identität, gerade wenn man eine Mehrgenerationsunternehmerfamilie ist,

Speaker:

dann lohnt es sich eine Stiftung zu gründen oder etwas anderes zu machen. Sonst sitzt man dort und

Speaker:

hat eigentlich den Bezug zu dem, was einen inhaltlich geprägt hat, verloren.

Speaker:

>> TORRENT WIEGERN: Wen würden Sie an einen solchen Tisch holen?

Speaker:

>> GUIDO SCHERP: Mhm.

Speaker:

Wie gesagt, ich war einmal bei der Mediation dabei, um eben halt wirklich auch den Senior

Speaker:

zu empowern, dass der überhaupt dieser Verhandlung folgen konnte.

Speaker:

Ja, also nehmen wir mal die Fachexperten beiseite, die sind ja sowieso involviert, irgendwelche

Speaker:

Magistrationsberater, Steuerberater oder so.

Speaker:

Es braucht für diesen gerade beschriebenen, ich sage jetzt mal eher Familien- oder emotionalen

Speaker:

schon jemand, der auch mit den Emotionen, die da in der Familie hochkommen, auf eine gute Art und Weise umgehen kann.

Speaker:

Also so eine Art Seelsorge, sage ich jetzt mal. Das braucht eine Person, die auch das Vertrauen hat, der man sich öffnen kann.

Speaker:

Und das kann nicht irgendein Mensch sein, den man gar nicht kennt, sondern es muss schon jemand sein, der eine gute Beziehung hat.

Speaker:

Und es gibt ja oftmals Vertrauenspersonen. Das kann der langjährige Unternehmerkollege sein, der vielleicht selber schon im Ruhestand ist.

Speaker:

Das kann aber auch der vertraute Pfarrer sein, wo man wirklich ein gutes Vertrauensverhältnis hat, wo man auch mal die eigenen Ängste,

Speaker:

vor allem die Verlustängste, sozusagen artikulieren kann.

Speaker:

kann und das muss natürlich eine Person sein, die daraufhin auch geschult ist und mit solchen

Speaker:

Angstdynamiken vielleicht umgehen kann. Also das wäre eine ganz, ganz wichtige Geschichte. Diese

Speaker:

Trauer, diese Angst, diese Veränderungsdynamik, die braucht einen kommunikativen Raum, wo sie

Speaker:

mal adressiert wird. Und das ist idealerweise nicht das Büro des Wirtschaftsprüfers oder der

Speaker:

Bank, die den Verkauf finanziert. Wenn das aber keinen solchen Raum hat, dann passieren die

Speaker:

teuersten Dinge mitten in der Vertragsverhandlung oder kurz vor Unterschrift des Vertrages. Dann

Speaker:

bricht es plötzlich aus an der falschen Stelle und verhindert meistens dann die vorherige Arbeit

Speaker:

im Unternehmenskontext. >> JÖRG PETERS: Ja. Jetzt haben wir im Endeffekt

Speaker:

so diese drei Bereiche, wo man es in gewissem Maße vorplanen oder vorsehen kann. Wir hatten

Speaker:

im Vorgespräch nochmal das Stichwort "Notfallkoffer für Unternehmer" angesprochen.

Speaker:

Was ist denn das genau? Also ich habe da schon von der IHK gehört, dass es da was gibt.

Speaker:

Was haben Sie für Erfahrungen damit oder wie setzen Sie den ein?

Speaker:

Ja, das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt. Wir sprachen ja jetzt die ganze Zeit von der

Speaker:

Übergabe zu Warmenhändler, also eine geplante, strukturierte Übergabe, eine geplante,

Speaker:

struktukurierter Verkaufsprozess. Das Leben spielt aber nicht immer so, wie es

Speaker:

geplant ist. Wir erleben es ja immer wieder, dass man einen Unfall hat oder dass eine

Speaker:

Krankheit plötzlich die handelnden Personen aus dem Rennen nimmt. Und hier

Speaker:

ist es absolutes verantwortliches Unternehmertum, diese Situation

Speaker:

vorzubereiten. Und leider erlebe ich es in der Praxis sehr selten, dass das alles

Speaker:

durchstrukturiert ist, also dass man entsprechende Testamente, Patientenverfügungen,

Speaker:

Beantwortungsübertragungen, also Unterschriften vollmacht, das war der Begriff, den ich gesucht

Speaker:

habe, an entsprechende Personen überträgt, sodass im Falle eines Komas, was haben wir in Corona für

Speaker:

schreckliche Situationen erlebt, dass Unternehmen handlungsunfähig waren, weil der Unternehmenschef

Speaker:

ins Koma gefallen ist, nicht ansprechbar war über Wochen, über Monate und keine

Speaker:

Entscheidungen im Unternehmen rechtlich wirksam getroffen werden konnten.

Speaker:

Man hatte diesen Notfall nicht vorgesorgt. Und das gilt eigentlich

Speaker:

heutzutage als Standard unternehmerischen, verantwortungsvollen Handelns und

Speaker:

gleichzeitig, und das ist paradox, findet man es sehr selten.

Speaker:

Die Frage ist, warum ist das so? Natürlich ist die Auseinandersetzung mit dem

Speaker:

eigenen Tod, mit dem eigenen Unvermögen eine sehr unschöne und man tabuisiert es und man

Speaker:

vermeidet es. Und dennoch glaube ich, ist es ganz wichtig, so wie Sie gerade angesprochen haben,

Speaker:

diese Notfallkoffer zu erstellen, dass man einmal auch mit den nahen Angehörigen durchgeht,

Speaker:

was passiert eigentlich, wer ist zu informieren, wo sind welche Dokumente und der hat welche

Speaker:

Entscheidungsrechte und wie ist eigentlich dann von kalten Händen sozusagen die Nachfolge zu

Speaker:

Also das ist ein ganz wichtiger Fakt. Wir sprechen ja auch vom Probesterben.

Speaker:

Jeder Unternehmer sollte mit seinen nahen Angehörigen einmal eine Sitzung Probesterben durchführen,

Speaker:

um zu gucken, was passiert, was frögen daraus für Fragestellungen und für Regelungsnotwendigkeit.

Speaker:

Ich sage erst mal ganz, ganz herzlichen Dank. Wir haben einen ganz großen Bogen geschlagen.

Speaker:

Und ich hoffe mal, dass diejenigen, die es betrifft oder auch betreffen könnte,

Speaker:

uns gut zugehört haben.

Speaker:

Und ich werde auf jeden Fall nochmal in den Show Notes

Speaker:

ihre wirklich tolle Handreichung reinbringen,

Speaker:

wo einfach nochmal, gerade auch in Ableitung von William Borden,

Speaker:

die ganzen Aufgaben gestellt werden,

Speaker:

die der Unternehmer oder die Unternehmerin dann beantworten muss.

Speaker:

Und im stillen Kämmern da kann man dann auch nochmal die einzelnen Punkte durchgehen.

Speaker:

Muss man ja nicht öffentlich machen.

Speaker:

Absolut.

Speaker:

Absolut.

Speaker:

Ja, vielen herzlichen Dank und ich hoffe, dass unser Gespräch dem einen oder dem anderen

Speaker:

eine Handreichung gibt.

Speaker:

Ganz ganz herzlichen Dank.

Speaker:

Wunderbar.

Speaker:

Vielen Dank.

Speaker:

[Ende]

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