Speaker:
00:00:00
Mord und Trauer. Ein ganz
Speaker:
00:00:04
besonderes Thema, ein ganz besonderer Gast,
Speaker:
00:00:07
ein Mordermittler und ich
Speaker:
00:00:11
begrüße heute ganz herzlich David Seil
Speaker:
00:00:15
hier im Podcast. Ja, hallo. Schön, dass ich da
Speaker:
00:00:18
sein darf. Danke für die Einladung. An dieser Stelle
Speaker:
00:00:22
begrüße ich auch euch nochmal, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Ihr seid
Speaker:
00:00:26
hier bei das schwere leicht gesagt, dem Podcast des Trauermanagers.
Speaker:
00:00:31
Wir sprechen über alles rund das Thema Trauer und
Speaker:
00:00:34
Tod in erster Linie im Unternehmenskontext.
Speaker:
00:00:38
Ja, David, du bist mir auf den LinkedIn
Speaker:
00:00:42
erst mal aufgefallen, weil du einerseits
Speaker:
00:00:46
sehr wertvoll deine Polizeiarbeit darstellst und
Speaker:
00:00:49
andererseits, ich wirklich den Eindruck habe, das macht
Speaker:
00:00:53
jemand mit Herzblut und es ist jemand, der
Speaker:
00:00:57
mit Sicherheit nicht an dieser Stelle verbittert ist.
Speaker:
00:01:02
Deshalb sage ich auch noch mal ganz herzlich Willkommen. Ja, danke schön. Da hast du
Speaker:
00:01:06
mich richtig erkannt. Ja, ich glaube,
Speaker:
00:01:09
in dem Moment, wo du – aber ich sage
Speaker:
00:01:13
mal, im Fachberuf ist das ja nicht anders. In dem Moment, wo du da
Speaker:
00:01:16
verbittert bist, in dem Moment bist du einfach
Speaker:
00:01:21
möglicherweise schneller am BTM-Schrank oder an den Alkoholiker.
Speaker:
00:01:25
Und das hilft keinem, weder dir noch den Fällen, die du ermitteln sollst.
Speaker:
00:01:30
Absolut richtig, ja. Ja,
Speaker:
00:01:34
Mordermittler. Wie kommt man eigentlich dazu, Mordermittler
Speaker:
00:01:38
zu werden? Ja, also bei mir war das ein ganz klassischer Weg.
Speaker:
00:01:42
Ich habe bei der hessischen Landespolizei angefangen. 1999
Speaker:
00:01:46
war das. Da war das noch ein Studium
Speaker:
00:01:50
an der Verwaltungsfachhochschule Fachbereich Polizei. Das
Speaker:
00:01:54
ist auch mein offizieller Abschluss, Diplom Verwaltungswirt.
Speaker:
00:02:00
Und ich bin dann bei der Bereitschaftspolizei gewesen,
Speaker:
00:02:04
ganz klassisch mit Helm und Schild, auch nur
Speaker:
00:02:08
ein Jahr. Hab dann gewechselt zur Kriminalpolizei in
Speaker:
00:02:12
Frankfurt beim Kommissariat für Wohnungseinbruchdiebstahl.
Speaker:
00:02:17
Da war ich dann bis 2007. Da kam ein
Speaker:
00:02:21
sehr geschätzter Kollege dann zu mir und sagte, Junge, du
Speaker:
00:02:24
wirst dir die Welt nicht mehr retten, wechselt zur
Speaker:
00:02:28
Mordkommission. Das war vorher auch schon so ein bisschen meinen Plan, aber ich
Speaker:
00:02:32
hatte so ein bisschen eine längere Zeit noch bei diesem Kommissariat
Speaker:
00:02:36
eigentlich im Blick, habe aber dann erkannt, dass er recht hatte und bin dann
Speaker:
00:02:40
2007 zur Mordkommission gewechselt, bin auch jetzt
Speaker:
00:02:44
aktuell dort Leiter 1 Mordkommission seit einigen
Speaker:
00:02:48
Jahren und kann mir kaum ein anderes, spannenderes
Speaker:
00:02:52
Tätigkeitsfeld vorstellen, ehrlich gesagt.
Speaker:
00:02:57
Ja, du lebst das und das sehr überzeugend.
Speaker:
00:03:01
Für unsere Hörerinnen und Hörer, die sind ja manchmal auch
Speaker:
00:03:05
etwas überfordert, wenn jetzt der Arzt gerade den Tod
Speaker:
00:03:09
festgestellt hat und das Kreuzchen, ich sag mal, bei
Speaker:
00:03:12
unklar gesetzt hat. Ist es der Punkt, wo ihr in diesem Moment
Speaker:
00:03:16
mit ins Spiel kommt oder wie kommst du ins Spiel?
Speaker:
00:03:20
Ja, also hier in Frankfurt, wo ich arbeite, ist es so, dass die
Speaker:
00:03:24
Mordkommission auch Todesermittlungsverfahren bearbeitet. Das
Speaker:
00:03:28
bedeutet, das sind noch keine Ermittlungsverfahren, die sich gegen
Speaker:
00:03:31
Personen richten, sondern eigentlich erst mal die Klarheit
Speaker:
00:03:35
schaffen sollen, ist der Mensch möglicherweise aufgrund
Speaker:
00:03:39
Einwirken fremder Hand verstorben. Das
Speaker:
00:03:42
heißt, der Staat hat quasi einfach nochmal ein Sicherungsnetz
Speaker:
00:03:46
eingebaut, dass wenn jemand stirbt und der den Tod
Speaker:
00:03:50
feststellende Arzt nicht ganz genau weiß warum
Speaker:
00:03:54
oder sich sehr gut vorstellen kann warum, weil er den Patienten kennt und der wahrscheinlich
Speaker:
00:03:57
oder vielleicht eben todkrank war, Dann setzt der
Speaker:
00:04:01
Arzt sein Kreuzchen bei ungeklärt. Dann kommt die Polizei
Speaker:
00:04:05
ins Spiel, genauso, wenn der Arzt einen nicht natürlichen Tod.
Speaker:
00:04:09
Es kann ein Unfalltod, ein Suizid, aber
Speaker:
00:04:12
natürlich auch eine Gewalttat sein. Auch dann sind wir zuständig.
Speaker:
00:04:16
Und das ist in Frankfurt, sind das im Jahr vielleicht so 1200
Speaker:
00:04:20
Fälle, bei denen die Polizei ermittelt. Wir machen das auch und
Speaker:
00:04:23
auch unser Kriminaldauerdienst, das ist die 24 7 Dienststelle hier in
Speaker:
00:04:27
Frankfurt und dann kommen wir vor Ort und entnehmen die
Speaker:
00:04:31
Ermittlungen auf. Ja, Aber in den allermeisten
Speaker:
00:04:35
Fällen gehe ich mal von aus, wärt ihr nachher nicht
Speaker:
00:04:39
weiter tätig, sondern stellt wahrscheinlich fest,
Speaker:
00:04:42
ja, es ist so, derjenige ist eben halt gestorben
Speaker:
00:04:48
und 3 Tage später kann er beerdigt werden. Genau, also das
Speaker:
00:04:52
übliche ist auch, wenn unsere Ermittlungen, ich sag mal so,
Speaker:
00:04:56
wir fangen ja an zu ermitteln, dann ist erst mal die Frage, da wird eine
Speaker:
00:04:59
Obduktion angeregt. Das ist ja das, was für die Angehörigen erstmal ja auch
Speaker:
00:05:02
ein tiefer Eingriff ist, weil die Obduktion erstmal eine Bestattung
Speaker:
00:05:07
nicht möglich macht. Das heißt, das hängt dann auch von der
Speaker:
00:05:10
Terminierung, von der Rechtsmedizin ab und so weiter und so fort. Das
Speaker:
00:05:14
heißt, Die Bestattung verzögert sich, was gerade teilweise im religiösen
Speaker:
00:05:17
Kontext auch ein großes Problem darstellt.
Speaker:
00:05:21
Aber da sind wir dann eben diejenigen, die das erklären, warum das
Speaker:
00:05:25
so sein muss und was der Hintergrund des Ganzen ist. Sobald
Speaker:
00:05:28
die Obduktion durchgeführt wurde, kann die Bestattung durchgeführt werden und da
Speaker:
00:05:32
ist es dann auch egal, ob wir noch weiter ermitteln oder nicht. Das heißt, wir
Speaker:
00:05:36
haben durchaus auch Fälle, das ist dann eher so ein Bereich, der
Speaker:
00:05:40
wir nennen sie Ärzteverfahren, das heißt also vielleicht ein Verdacht
Speaker:
00:05:43
gegen den behandelnden Arzt da ist, der kann auch schon recht schnell in
Speaker:
00:05:47
den Raum gestellt werden. Der wird dann weiter ermittelt. Das ist
Speaker:
00:05:51
dann oftmals im späteren Bereich eher ein Gutachterverfahren. Dann geht
Speaker:
00:05:55
es eben darum, dass festgestellt wird, wurde da nach
Speaker:
00:05:58
den Regeln der ärztlichen Kunst gearbeitet oder nicht. Aber all das ist auch
Speaker:
00:06:02
Teil unserer Arbeit. Aber wie du schon richtig sagst,
Speaker:
00:06:07
passen alle diese Fälle, münden nicht in einem Ermittlungsverfahren
Speaker:
00:06:10
wegen Mord oder Totschlag.
Speaker:
00:06:16
Was sind für dich in diesem Moment, ich sag mal Eyecatcher?
Speaker:
00:06:20
Wo merkst du, hier sollte ich ermitteln
Speaker:
00:06:24
oder ja, das ist normal?
Speaker:
00:06:29
Also das so ein bisschen zu erklären, im
Speaker:
00:06:32
Todesermittlungsverfahren, wo wir jetzt ja noch von sprechen,
Speaker:
00:06:36
da ist es eben wichtig für uns, relativ schnell schon Einschätzung zu treffen,
Speaker:
00:06:40
was wir hier haben. Das hat auch damit zu tun, dass
Speaker:
00:06:44
wenn wir jetzt beispielsweise eine Person in ihrer Wohnung
Speaker:
00:06:48
auffinden oder wir eben in die Wohnung kommen,
Speaker:
00:06:51
in der die Leiche aufgefunden wurde. Ja, unsere Entscheidung in den
Speaker:
00:06:55
ersten Minuten wichtig ist, ist das jetzt hier ein Tatort
Speaker:
00:06:59
oder der Fundort 1 Verstorbenen? Ist es
Speaker:
00:07:03
ein Tatort, ergibt sich natürlich eine ganz andere Dynamik.
Speaker:
00:07:07
Da müssen Spezialisten, Spurensicherungen und so weiter vor Ort geholt
Speaker:
00:07:11
werden und wir sind Tage teilweise dann in dieser Wohnung.
Speaker:
00:07:15
Das heißt, schon in den ersten Minuten ist es ganz wichtig, einen Blick
Speaker:
00:07:19
dafür zu haben. Und der wird geschult durch Erfahrung natürlich
Speaker:
00:07:23
und durch die Feststellungen vor Ort. Das sind dann gewisse Dinge, auf die wir
Speaker:
00:07:26
natürlich achten. Ist das Bild stimmig? Können wir das
Speaker:
00:07:30
erklären? Oftmals sind auch Bilder, die wir
Speaker:
00:07:34
haben, also Fundorte für eine
Speaker:
00:07:38
normale Person, also jemand, der nicht oft
Speaker:
00:07:41
damit zu tun hat, ungewöhnlich. Wenn man sagt, warum ist der
Speaker:
00:07:45
Fundort jetzt so oder warum liegt die Leiche so und so? Das passt doch
Speaker:
00:07:49
gar nicht. Das ist oftmals durchaus erklärbar. Und
Speaker:
00:07:52
wir entscheiden dann teilweise auch wirklich so, dass wir
Speaker:
00:07:56
sagen, naja, wir sind uns sehr sicher, dass hier keine Straftat vorliegt.
Speaker:
00:08:00
Aber wir gehen nochmal eben auf Nummer sicher. Wir haben
Speaker:
00:08:03
dieses Sicherungsnetz der Obduktion. Das machen wir noch.
Speaker:
00:08:07
Selbstverständlich wäre dann im Fall 1 Tötungsdeliktes und auch das ist schon
Speaker:
00:08:11
passiert. Sehr, sehr selten. Aber es ist schon passiert. Natürlich dann schon
Speaker:
00:08:15
viel kaputt gegangen, was Spuren angeht. Aber wir haben
Speaker:
00:08:18
bei der Obduktion dann die Gewissheit, ob unsere Einschätzung
Speaker:
00:08:22
richtig war oder nicht. Ist sie falsch gewesen? Wie gesagt, das ist schon
Speaker:
00:08:26
geschehen. Dann steigen wir natürlich genauso ein und versuchen einfach alles
Speaker:
00:08:30
zu heilen, was da noch zu heilen ist. Aber nach diesem
Speaker:
00:08:34
Eyecatcher gefragt, ja, Unstimmigkeiten
Speaker:
00:08:38
einfach. Alles, was irgendwie gar nicht damit übereinstimmt, wie das
Speaker:
00:08:41
sein sollte, wenn wir von einem natürlichen Tod ausgehen. Auch
Speaker:
00:08:45
Unfälle, Suizidfälle sind ja auch alles Dinge, wo wir natürlich genau schauen
Speaker:
00:08:49
müssen. Was ist das tatsächlich mit einem Suizidgeschehen? Was spricht
Speaker:
00:08:53
dafür? Was spricht dagegen? Das sind alles so Dinge. Also man könnte
Speaker:
00:08:56
jetzt ein beispiel nennen. Es hat ich glaube ich auch mal bei linkedin wir hatten
Speaker:
00:09:00
da manch auch kommuniziert der abschiedsbrief der fehlende Abschiedsbrief
Speaker:
00:09:04
beispielsweise ist für uns nicht zwingend ein Eyecatcher, denn ein
Speaker:
00:09:08
Abschiedsbrief zu schreiben erfordert Energie, Ruhe und
Speaker:
00:09:11
Klarheit. Die haben ja viele Menschen gar nicht mehr, die sich das Leben nehmen. Das
Speaker:
00:09:15
heißt, das ist jetzt nicht zwingend, dass wir sagen, da fehlt der Abschiedsbrief, hier ist
Speaker:
00:09:18
ein Mord geschehen, sondern das ist halt
Speaker:
00:09:22
so. Ja, also das kann leider so sein. Das ist natürlich furchtbar
Speaker:
00:09:26
für die Angehörigen, oftmals, weil wenig Fragen noch beantwortet
Speaker:
00:09:29
werden können. Aber das ist so ein Beispiel, wo man vielleicht denkt, das wäre ein
Speaker:
00:09:32
Eyecatcher, ist es aber nicht zwingend.
Speaker:
00:09:36
Gucken wir einfach nochmal, ihr werdet ja möglicherweise auch zu schweren
Speaker:
00:09:40
Arbeitsunfällen gerufen.
Speaker:
00:09:43
Ich hatte einmal jemand von
Speaker:
00:09:47
der Gewerbeaufsicht und der sagte im Endeffekt,
Speaker:
00:09:51
meistens kommt die Polizei und die entscheidet dann, ob die
Speaker:
00:09:54
Staatsanwaltschaft auch kommen soll. Denn in dem Moment, wo der schwere
Speaker:
00:09:58
Arbeitsunfall möglicherweise tödlich ist, ist ja die Staatsanwaltschaft
Speaker:
00:10:02
im Spiel, oder? Wir sind ja Ermittlungsbeamte der
Speaker:
00:10:05
Staatsanwaltschaft. Also das heißt, das was wir tun, ist ja
Speaker:
00:10:09
der verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft.
Speaker:
00:10:14
Die Strafprozessordnung teilt auch vor, dass die Staatsanwaltschaft bei
Speaker:
00:10:17
bestimmten Ereignissen auch selber vor Ort ist, auch beispielsweise
Speaker:
00:10:22
bei Obduktionen. Das wird dann aber oftmals auch an uns
Speaker:
00:10:25
delegiert. Die Staatsanwaltschaft wird
Speaker:
00:10:29
eigentlich sofort eingebunden, sobald eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft
Speaker:
00:10:33
notwendig ist. Eilanordnungen zum Beispiel getroffen werden müssen,
Speaker:
00:10:37
wenn es die Beschlagnahme bestimmter
Speaker:
00:10:40
Gegenstände geht oder ähnliches. Aber im Grunde genommen
Speaker:
00:10:45
informieren wir die Staatsanwaltschaft immer dann, auch wenn es eine spektakuläre
Speaker:
00:10:50
Geschichte war, einfach weil natürlich auch die sprachfähig sein müssen.
Speaker:
00:10:54
Aber die Staatsanwaltschaft wird in Todesfällen grundsätzlich immer sofort am
Speaker:
00:10:58
nächsten Werktag spätestens informiert, weil Todesermittlungsverfahren
Speaker:
00:11:02
sind sogenannte Sofortsachen. Weil Todesermittlungsverfahren sind sogenannte Sofortsachen. Die Polizei ermittelt also nicht erst mal
Speaker:
00:11:06
so eine Woche und dann schickt die das irgendwann zur Staatsanwaltschaft, sondern
Speaker:
00:11:09
unmittelbar nachdem wir tätig geworden sind am nächsten Werktag
Speaker:
00:11:13
geht das zur Entscheidung zur Staatsanwaltschaft. Das beschleunigt
Speaker:
00:11:17
natürlich auch Vorgänge wie die Bestattung, die Freigabe des Leichnams und so weiter.
Speaker:
00:11:22
Also ich habe irgendwann mal gelernt, in dem Moment, wo vom Unternehmen aus die
Speaker:
00:11:26
112 angerufen wird, die Leitstelle, dann
Speaker:
00:11:30
bekommt ihr im Endeffekt direkten Hinweis, da müsst ihr
Speaker:
00:11:33
mit dort aufschlagen. Also
Speaker:
00:11:37
bei Arbeitsunfällen jetzt oder bei Sterbefällen? Also tödlichen
Speaker:
00:11:40
Arbeitsunfällen oder schwerentötigten Arbeitsunfällen. Ja, bei Arbeitsunfällen wird
Speaker:
00:11:44
grundsätzlich die Polizei zugerufen, auch bei nicht tödlichen Arbeitsunfällen, weil ja
Speaker:
00:11:48
immer die Frage ist, sind da vielleicht irgendwelche,
Speaker:
00:11:51
ja, fahrlässigen Handlungen auch, die mit dem Tod in
Speaker:
00:11:55
Verbindung stehen. Logischerweise, oder hat irgendein
Speaker:
00:11:59
Kollege etwas falsch gemacht? War die Baustelle
Speaker:
00:12:03
richtig abgesichert? All das sind Dinge, da arbeiten wir dann aber auch eng zusammen
Speaker:
00:12:07
mit anderen Behörden, weil uns oftmals natürlich als Polizei direkt
Speaker:
00:12:10
die Fachexpertise fehlt. Also wir haben bei
Speaker:
00:12:14
Arbeitsunfällen fast immer auch Gutachter mit eingebunden, die
Speaker:
00:12:18
Staatsanwaltschaft ganz eng. Das sind oft sehr, sehr langwierige Verfahren.
Speaker:
00:12:21
Es ist oft auch sehr, sehr schwer festzustellen, wer letztendlich
Speaker:
00:12:25
dann die Schuld trägt. Es sind meistens ja
Speaker:
00:12:28
Kombinationen auf Baustellen, auch aus eigenem
Speaker:
00:12:32
Verschulden des Verstorbenen, also irgendwie eine Unachtsamkeit vielleicht,
Speaker:
00:12:37
eigenes Missachten der Vorschriften. Und dann
Speaker:
00:12:40
geht das oftmals eben diese ganze Kette lang, wer welcher Subunternehmer
Speaker:
00:12:44
hat wann welche Unterschrift, wo getätigt und welche Schulungen durchgeführt.
Speaker:
00:12:48
Das sind also sehr, sehr komplexe Verfahren, die auch sehr schwierig
Speaker:
00:12:52
zu einem Abschluss zu führen sind. Und in vielen Fällen bekommen wir nicht
Speaker:
00:12:56
zwingend dann unbedingt das Endergebnis mit, weil das anders
Speaker:
00:13:00
als in Fällen von Mord und Totschlag nicht unbedingt zu einem großen
Speaker:
00:13:04
Gerichtsverfahren kommt, wo wir dann zum Beispiel als Zeugen noch geladen werden.
Speaker:
00:13:12
Wie ist das in diesem Moment, da werden ja oftmals
Speaker:
00:13:16
auch, ich sag mal, auf der einen Seite Spielchen gespielt,
Speaker:
00:13:19
sprich du sollst eine bestimmte Wirklichkeit
Speaker:
00:13:23
erkennen, die möglicherweise auch vom Täter wegführt oder von der
Speaker:
00:13:27
Situation wegführt. Wie reagierst du oder wie
Speaker:
00:13:30
erkennst du solche Spielchen?
Speaker:
00:13:34
Ja, also wir achten eben ganz objektiv auf
Speaker:
00:13:38
Unstimmigkeiten, grundsätzlich in dem Gesagten, in dem was wir
Speaker:
00:13:41
sehen, in dem was können wir übereinbringen.
Speaker:
00:13:45
Also wenn Personen sich merkwürdig
Speaker:
00:13:48
verhalten, zum Beispiel bei 1 Befragung, ist das nicht zwingend direkt ein
Speaker:
00:13:52
Hinweis darauf, dass sie uns nicht die Wahrheit sagen, weil die Konfrontation
Speaker:
00:13:56
mit uns ja an sich schon Stressfaktor darstellt. Dann
Speaker:
00:14:00
das Ereignis selbst und so weiter. Vielleicht frühere Erfahrung mit der
Speaker:
00:14:04
Polizei. Es gibt also 1000 Gründe, mit uns nicht entspannt
Speaker:
00:14:07
umzugehen. Das muss jeder Polizeibeamte natürlich
Speaker:
00:14:11
auch wissen. Wir achten primär
Speaker:
00:14:15
einfach auf, ich sag mal, Fehler im Muster. Irgendwo, wo wir
Speaker:
00:14:18
sagen, das passt doch nicht. Also sind wir skeptisch,
Speaker:
00:14:22
sind wir, das schulen wir irgendwie auch automatisch je
Speaker:
00:14:26
mehr je länger man in dem beruf ist desto skeptischer wird man einfach beaussagen
Speaker:
00:14:30
Ich nenne das so ein bisschen auch den Bullshit Radar, was man dann
Speaker:
00:14:34
auch im normalen Alltag mit Personen hat, wo man dann irgendwie sagt,
Speaker:
00:14:37
das passt doch gar nicht. Also was erzählst du mir jetzt gerade?
Speaker:
00:14:43
Das ist sogar dann im Kollegenkreis so, dass man irgendwann so erkennt und sagt, also
Speaker:
00:14:46
was du da gerade sagst, das so ganz
Speaker:
00:14:50
stimmig ist es nicht. Also das heißt, das ist eigentlich das, was unsere
Speaker:
00:14:53
Hauptaufgabe ist, nach Fehlern im Muster zu suchen und natürlich nachzubohren.
Speaker:
00:14:57
Widerspricht oftmals auch so ein bisschen der Erziehung und
Speaker:
00:15:01
dem, wie man eigentlich im Umfeld so funktioniert,
Speaker:
00:15:06
weil ich glaube niemand hat gerne Freundinnen, die jetzt irgendwie alles nochmal genau hinterfragen,
Speaker:
00:15:10
was man gerade so gesagt hat. Aber das ist eben in unserem Beruf
Speaker:
00:15:13
ganz ganz wichtig und gerade beispielsweise bei der Befragung von Zeugen
Speaker:
00:15:17
oder von Geschädigten, gar nicht unbedingt bei denen von Tätern, weil
Speaker:
00:15:21
Täter haben alle Gründe der Welt, uns nicht die Wahrheit zu sagen oder nicht mit
Speaker:
00:15:24
uns zu sprechen. Aber Zeugen haben das ja oftmals
Speaker:
00:15:28
auch, dass sie sagen, ich will nicht da reingezogen werden, ich will
Speaker:
00:15:32
meinen Freund schützen, ich will also irgendwas tun,
Speaker:
00:15:35
bloß nicht jetzt die Wahrheit sagen zu müssen. Das ist tatsächlich der Punkt, wo
Speaker:
00:15:39
wir sehr hart auch nachfragen müssen. Das ist auch unsere Aufgabe. Ich
Speaker:
00:15:43
sage auch immer meinen jungen Kollegen,
Speaker:
00:15:47
Denkt dran, die kommen ja auch noch vor die Hauptverhandlung. Da sitzt ein
Speaker:
00:15:50
Staatsanwalt, da sitzt ein Verteidiger und ein Richter. Und alle werden
Speaker:
00:15:54
diesen Zeugen richtig grillen. Und wenn dann Sachen rauskommen
Speaker:
00:15:58
und wir haben nicht richtig nachgefragt, dann werden wir gefragt, was habt ihr eigentlich getan?
Speaker:
00:16:01
Also was ist eigentlich eure Aufgabe gewesen? Das ist also nur so auch zum
Speaker:
00:16:05
Verständnis, warum wir auch wirklich harte Nachfragen stellen müssen und nicht
Speaker:
00:16:08
alles relativ weich. So ja, okay, frage ich nicht
Speaker:
00:16:12
weiter nach, scheint ja schwierig zu sein, so abtun können, sondern
Speaker:
00:16:16
wir müssen manchmal das tun, einfach so nah wie möglich an
Speaker:
00:16:19
das zu kommen, was wirklich gewesen ist und nicht das, was man vielleicht
Speaker:
00:16:23
gerne hätte. Wie ist das,
Speaker:
00:16:27
kaum ein Unternehmen möchte eigentlich im Zusammenhang mit
Speaker:
00:16:31
Mord und Totschlag genannt werden, Aber da
Speaker:
00:16:34
ist möglicherweise die Kollegin, die da sagt,
Speaker:
00:16:39
also war das jetzt meine Kollegin, die da jetzt in der Presse war? Oder
Speaker:
00:16:44
wie gehst du in diesem Moment damit wenn das Umfeld auch noch ein bisschen was
Speaker:
00:16:47
wissen will? Also wir dürfen grundsätzlich eigentlich nichts
Speaker:
00:16:51
zu Ermittlungsverfahren sagen. Ja, also wir sind
Speaker:
00:16:55
nicht befugt, Akten ein sich zu gewähren. So nennt
Speaker:
00:16:59
sich das. Alles was wir tun ist ja letztendlich wird es
Speaker:
00:17:02
niedergeschrieben, kommt in eine Akte, als Bericht, als Vermerk, als
Speaker:
00:17:06
Vernehmung, was auch immer. Wir als Polizei
Speaker:
00:17:09
dürfen diese Erkenntnisse nicht an Außengestehende
Speaker:
00:17:13
geben. Und das
Speaker:
00:17:17
ist völlig nachvollziehbar, dass jemand, zum Beispiel Angehörige von Getöteten uns anrufen und sagen, was
Speaker:
00:17:21
war denn jetzt genau? Habt ihr das gemacht? Habt ihr den gefragt? Habt ihr da
Speaker:
00:17:24
schon was gemacht? Das heißt, wir müssen da sehr feinfühlig sein und wirklich auch
Speaker:
00:17:28
erklären, warum wir bestimmte Dinge nicht kommunizieren
Speaker:
00:17:32
dürfen. In Teilen lassen wir
Speaker:
00:17:35
uns durchaus von der Staatsanwaltschaft, mit der wir sehr eng zusammenarbeiten, dann
Speaker:
00:17:39
auch sozusagen delegieren, auch bestimmte
Speaker:
00:17:43
Informationen herauszugeben, weil es einfach wichtig ist.
Speaker:
00:17:47
In anderen Teilen bin ich froh, dass wir die Möglichkeit haben in
Speaker:
00:17:50
Deutschland ja der Nebenklagevertretung, das heißt Anwälte,
Speaker:
00:17:54
die sich die Opfer oder die Angehörigen der Opfer kümmern. Und
Speaker:
00:17:58
die wiederum haben ja Akteneinsicht, die können sehr eng beraten, Die
Speaker:
00:18:01
können auch direkt die Informationen aus der Akte an die Angehörigen
Speaker:
00:18:05
weitergeben. Das ist wichtig, dass dieser Kontakt dann auch besteht.
Speaker:
00:18:09
Und wir tun eben alles, irgendwie noch ein Verständnis für unsere Arbeit
Speaker:
00:18:14
irgendwie natürlich zu erhalten, dass die Menschen
Speaker:
00:18:17
verstehen, warum wir bestimmte Sachen können und Sachen nicht können.
Speaker:
00:18:21
Und manchmal bewegen wir uns natürlich in so einem Graubereich dieser
Speaker:
00:18:25
Akteneinsicht, weil wir vielleicht einfach sagen, ja, wir haben jetzt jemanden
Speaker:
00:18:28
festgenommen, ja, wir haben jemanden festgenommen, machen Sie sich keine Sorgen, Der
Speaker:
00:18:32
ist jetzt auch in Haft, der kommt jetzt auch nicht so schnell raus. Aber ich
Speaker:
00:18:36
kann Ihnen nicht sagen, wie der heißt, wie alt er ist und wo er wohnt.
Speaker:
00:18:39
Das geht einfach nicht. Und das sind so Dinge, die
Speaker:
00:18:42
sind unser tägliches Brot, dass wir nicht alles sagen dürfen. Das ist auch
Speaker:
00:18:46
im Todesermittlungsverfahren so. Da sind wir vielleicht ein
Speaker:
00:18:50
bisschen offener, auch weil es einfach richtig und pietätvoll ist,
Speaker:
00:18:53
Auskunft zu geben aus dem, was wir sagen
Speaker:
00:18:57
können. Aber wir sind eben eigentlich eine Behörde, die eben
Speaker:
00:19:01
nicht alles offen kommuniziert. Und das müssen wir aber
Speaker:
00:19:05
auch durchaus einfach darstellen, warum das so ist. Ja,
Speaker:
00:19:08
ja. Du hattest früher schon mal gesagt, du hast im
Speaker:
00:19:12
Anschluss an ein abgeschlossenes Verfahren
Speaker:
00:19:17
manchmal noch Kontakt zu den Beteiligten, in erster Linie
Speaker:
00:19:20
zu den Nepal-Angehörigen des Verstorbenen.
Speaker:
00:19:25
Ich hatte in einem der ersten Interviews den Marcel Engel.
Speaker:
00:19:30
Marcel Engel ist Tatortreiniger und er sagt im
Speaker:
00:19:33
Endeffekt auch, wenn ich den Tatort aufgeräumt habe, hilft das der
Speaker:
00:19:37
Trauer. Wie erlebst du das im Blick auf deine
Speaker:
00:19:42
Mordpille? Also wir haben ja durchweg
Speaker:
00:19:46
mit den Angehörigen von Getöteten natürlich zu tun. Wenn wir
Speaker:
00:19:50
jetzt von vollendeten Tötungswesen sprechen.
Speaker:
00:19:54
Genauso wie wir mit Angehörigen von ganz normal Verstorbenen zu tun haben,
Speaker:
00:19:58
die in unserem Todesermittlungsverfahren eine Rolle spielen, mit denen wir teilweise
Speaker:
00:20:01
auch noch Monate später kommunizieren, weil einfach ein guter Kontakt da
Speaker:
00:20:05
war. Es ist auch einfach Teil unserer Arbeit,
Speaker:
00:20:09
so ein bisschen das aufzufangen, die Fragen, die da sind, vielleicht auch
Speaker:
00:20:13
einfach, die man mit keinem anderen irgendwie besprechen kann, dass wir dann eben
Speaker:
00:20:16
diejenigen sind, mit denen man was tun kann. Wir sind eben keine Therapeuten, das heißt,
Speaker:
00:20:20
wir können nicht wirklich in dem Sinne helfen, dass wir das langfristig
Speaker:
00:20:25
und intensiv begleiten, aber wir können eben auch mal ein offenes Ohr haben.
Speaker:
00:20:30
Partner sein und das ist auch ganz ganz wichtig und das ist
Speaker:
00:20:33
durchaus so, dass man teilweise wirklich noch Monate, Jahre
Speaker:
00:20:37
später, da ich jetzt beispielsweise sehr sehr lange schon in meinem
Speaker:
00:20:40
Tätigkeitsfeld bin, auch quasi unter derselben Rufnummer erreichbar
Speaker:
00:20:44
bin, passiert es durchaus auch, dass Menschen mich anrufen, auch Jahre
Speaker:
00:20:48
später und noch eine Frage klären wollen. Tatsächlich aber
Speaker:
00:20:51
auch der eine oder andere Täter, der angerufen hat und
Speaker:
00:20:55
einfach noch eine Frage hat. Hast du dich damals dingfest gemacht oder was sind
Speaker:
00:20:59
das denn für Fragen? Nein, nur so Fragen, die drehen sich oftmals
Speaker:
00:21:02
sichergestellte Gegenstände auch, aber dann kommt man auch ins Gespräch,
Speaker:
00:21:06
also wenn jetzt 1 ruft und sagt, also ich rede jetzt meistens von Personen, die
Speaker:
00:21:10
zum Beispiel versuchte Tötungsdelikte begangen haben, also eine relativ
Speaker:
00:21:14
beschränkte Haftstrafe auch noch hatten, vielleicht 4, 5, 6 Jahre
Speaker:
00:21:18
und die rauskommen und dann sagen die zum Beispiel, ich
Speaker:
00:21:22
suche immer noch meine teure Jacke, die habt ihr damals sichergestellt.
Speaker:
00:21:25
Wo ist die denn? Und dann versuche ich dann einfach zu helfen und dann kommt
Speaker:
00:21:28
man auch kurz ins Gespräch, wie es denn geht und man muss ja sagen wir
Speaker:
00:21:32
sind ja keine oder wir bemühen uns ja nicht die Feinde
Speaker:
00:21:36
der Täter zu sein. Wir sind ja in einem Bereich wo wir gegen Menschen
Speaker:
00:21:40
ermitteln die meistens in Ausnahmesituationen
Speaker:
00:21:44
Taten begangen haben. Das ist ja schon ein Unterschied,
Speaker:
00:21:48
ob man gegen Berufskriminelle ermittelt, wie ich das beim
Speaker:
00:21:51
Wohnungseinbruchdiebstahl ja auch hatte, also Menschen, die
Speaker:
00:21:55
quasi die Polizei ist der Feind ihres üblichen
Speaker:
00:21:59
Arbeitens, Sondern wir begleiten ja
Speaker:
00:22:03
auch die Täter auf eine gewisse Weise durch eine für sie auch sehr belastende
Speaker:
00:22:06
Zeit. Ohne dass ich jetzt Mitleid haben
Speaker:
00:22:10
müsste mit Tätern, aber man hat einfach einen gewissen
Speaker:
00:22:14
Bezug dazu Und ist eben auch Ansprechpartner Nummer 1,
Speaker:
00:22:17
wenn es solche Themen geht, die ganz alltäglich sind. Was
Speaker:
00:22:21
sagt, ich brauche noch mein Handy, das ist vor 5 Jahren habt ihr das
Speaker:
00:22:25
sichergestellt, da sind meine ganzen Kontakte drin, wie kriege ich das wieder.
Speaker:
00:22:29
Das sind alles so Kleinigkeiten, aber so hält man auch manchmal noch
Speaker:
00:22:33
Kontakt, der natürlich nicht freundschaftlich ist, aber dennoch einfach
Speaker:
00:22:37
von einem respektvollen Umgang geprägt sein soll.
Speaker:
00:22:45
Dass einfach auch nochmal den Familien hilft.
Speaker:
00:22:48
Aber wenn ich jetzt einfach überlege, du siehst ja dabei auch
Speaker:
00:22:52
Bilder von getöteten Menschen,
Speaker:
00:22:56
manchmal getöteten Kindern. Wie gehst du damit
Speaker:
00:23:00
Ja, also ich sehe natürlich nicht nur die Bilder, ich sehe auch die Person selbst
Speaker:
00:23:04
dann mit allem, was dann an Eindrücken dazukommt.
Speaker:
00:23:08
Ich hatte das Glück tatsächlich, dass mich das nie
Speaker:
00:23:13
so belastet hat. Selbst
Speaker:
00:23:18
bei den, sag ich mal, schlimmsten Taten. Belastet hat, selbst bei den schlimmsten Taten.
Speaker:
00:23:23
Es ist interessanterweise so, zumindest habe ich das bei mir
Speaker:
00:23:26
festgestellt, dass je jünger die Opfer sind Und die
Speaker:
00:23:30
Verstorbenen, wenn es jetzt auch keine Opfer von Straftaten sind, einfach bei Verstorbenen,
Speaker:
00:23:34
desto mehr belastet einen das einfach
Speaker:
00:23:38
in dem Sinne, dass man das für falsch
Speaker:
00:23:42
empfindet. Also das ist so eine instinktive Reaktion. Ich kann mir auch
Speaker:
00:23:45
vorstellen, dass das einfach was biologisches ist,
Speaker:
00:23:50
ein totes Kind, einen toten Jugendlichen, einen toten jungen Menschen zu
Speaker:
00:23:53
sehen, das macht dann irgendwie anscheinend mehr, zumindest habe ich
Speaker:
00:23:57
das bei mir so festgestellt, Und dann bleiben auch viele Bilder
Speaker:
00:24:01
eher hängen. Dennoch habe ich
Speaker:
00:24:06
scheinbar die Resilienz oder diesen Abstand durch
Speaker:
00:24:09
meine Arbeit, dass mich das nicht schwer belastet hat. Also mein
Speaker:
00:24:13
erster Mordkommissionsleiter hat mir damals mal gesagt, wenn du
Speaker:
00:24:17
anfängst von den Toten zu träumen, hör auf. Das wäre ein sehr guter
Speaker:
00:24:20
Ratschlag, weil dann ist das auf eine Ebene
Speaker:
00:24:24
gekommen, wo du das auch schwer beeinflussen kannst.
Speaker:
00:24:28
Ich habe auch selbst für mich festgestellt in den letzten Jahren, dass
Speaker:
00:24:32
auch ich nicht unbedingt gesund mit dem Stress und dem Druck
Speaker:
00:24:35
umgegangen bin. Ich habe da vieles jetzt geändert in letzter Zeit. Da hat
Speaker:
00:24:39
mir auch mein sehr junges Team geholfen.
Speaker:
00:24:43
Also ich sage mal, früher hat man vielleicht darüber gesprochen, dass man abends nochmal einen
Speaker:
00:24:47
saufen geht. Heute spreche ich mit
Speaker:
00:24:51
meinen einen Kollegen darüber, wie viel Proteingehalt in irgendwelchen
Speaker:
00:24:55
Mahlzeiten sind und wann wir trainieren gehen. Also das ist
Speaker:
00:24:59
zwar eine Umstellung, aber eine sehr, sehr positive. Ja, Das habe ich jetzt eben auch
Speaker:
00:25:02
festgestellt, dass gewisse
Speaker:
00:25:06
Dinge, die man sich angeeignet hat von früher, auch nicht immer gut
Speaker:
00:25:10
waren und auch nicht dazu führen, dass man langfristig gesund diesen
Speaker:
00:25:14
Job machen kann. Und deshalb wurde da auch viel von
Speaker:
00:25:18
mir oder habe ich viel angepasst. Das war auch war auch wichtig in höchste
Speaker:
00:25:21
Zeit. Und diese Bilder, ja, die
Speaker:
00:25:26
würde ich mal sagen, die werden wahrscheinlich dann belastender, wenn man einen
Speaker:
00:25:30
persönlichen Bezug zu dem Opfer hat. Also persönlicher Bezug auch
Speaker:
00:25:33
darin, dass man diesen Bezug herstellen kann.
Speaker:
00:25:37
Also beispielsweise war es so, dass ein Kollege aufhören
Speaker:
00:25:41
musste bei der Mordkommission oder er hat es dann getan, weil seine
Speaker:
00:25:45
Eltern kurz hintereinander verstorben sind und er die auch zu Hause gefunden
Speaker:
00:25:49
hat. Die sind nicht getötet worden, die sind einfach im hohen Alter
Speaker:
00:25:52
verstorben. Aber er hat eben immer, wenn er dann wieder Bilder gesehen
Speaker:
00:25:56
hat von Toten, wir haben natürlich auch mit vielen älteren Toten zu
Speaker:
00:26:00
tun und dann war natürlich der Bezug schnell hergestellt zu dem eigenen
Speaker:
00:26:04
Leben und zur eigenen Trauer und das ging dann nicht mehr und dann hat er
Speaker:
00:26:08
aufgehört. Und das war bei mir bisher eben glücklicherweise
Speaker:
00:26:12
nie so der Fall. Was habe ich weiterhin diesen Beruf, den ich ja
Speaker:
00:26:16
so sehr schätze und den ich so aufgegangen bin,
Speaker:
00:26:19
auch weiterhin machen kann. Ja, ich kann mich noch gut
Speaker:
00:26:23
erinnern. Ich war eine Zeit lang Gemeindepacher
Speaker:
00:26:27
und hatte dann ein Kind zu beerdigen, was
Speaker:
00:26:32
eine schwere Krebskrankheit hat, was genauso alt war wie mein eigener
Speaker:
00:26:36
Sohn. Und das geht einem dann schon in diesem
Speaker:
00:26:39
Moment an die Nieren. Absolut, ja.
Speaker:
00:26:45
Ja, es sind auch Dinge bei uns, ich habe das so in Erinnerung noch
Speaker:
00:26:49
bei einem Todesfall oder das war tatsächlich ein Tötungszulieb an
Speaker:
00:26:53
einem Achtjährigen, wo wir
Speaker:
00:26:56
auch Telefonüberwachung durchgeführt haben. Und mich hat
Speaker:
00:27:00
tatsächlich das Bild des toten Kindes zwar natürlich auch belastet, aber
Speaker:
00:27:03
noch mehr hat mich dann ein Telefonat belastet, was
Speaker:
00:27:07
dahin dazu geführt wurde. Ich kann da jetzt keine Details nennen, aber
Speaker:
00:27:11
das war einfach so dann schockierend,
Speaker:
00:27:14
wie dann gesprochen wurde. Wie dann gesprochen wurde. Das war eher sowas, was mich
Speaker:
00:27:18
dann zum Beispiel sehr lange beschäftigt hat, sage ich mal.
Speaker:
00:27:22
Und das ist schon immer wieder interessant, was man so
Speaker:
00:27:26
ertragen kann und was nicht. Und mir fällt das gerade noch ein, ich hatte gestern
Speaker:
00:27:29
einen Vortrag vor den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt
Speaker:
00:27:34
1 in Frankfurt gemacht, also beruflich.
Speaker:
00:27:38
Und da hat ein junger Justizbeamter auch ganz
Speaker:
00:27:41
eindrücklich geschildert, wie das für ihn war, einen
Speaker:
00:27:45
suizidierten Häftling, den er schon lange kannte eben zu
Speaker:
00:27:48
finden. Und dass er auch gesagt hat, wie geht ihr
Speaker:
00:27:52
denn damit Dann habe ich den großen Unterschied erklärt. Wir
Speaker:
00:27:56
wissen ja, wo wir hingehen. Wir wissen ja, was auf uns zukommt. Es ist
Speaker:
00:27:59
ein riesen Unterschied, ob ein mensch auch
Speaker:
00:28:03
vielleicht privat einen tödlichen unfall erlebt also gesieht wie
Speaker:
00:28:07
das passiert oder seine eltern findet oder ein angehörigen
Speaker:
00:28:11
findet das ist ein ganz massiv großer unterschied
Speaker:
00:28:15
Wir werden ja angerufen bei uns wird gesagt da hat sich jemand suizidiert
Speaker:
00:28:18
oder da ist jemand in der wohnung verstorben das ist schon paar wochen her, da
Speaker:
00:28:21
können wir uns drauf vorbereiten ja wir sind einfach wir sind ja okay dann weiß
Speaker:
00:28:25
ich so grob was jetzt passiert das ist natürlich ein wahnsinniger vorteil.
Speaker:
00:28:29
Und dann kommt dazu das ist kein abstumpfen würde ich sagen sondern
Speaker:
00:28:33
einfach eine eine gewöhnung an an gerüche an
Speaker:
00:28:37
an an an Bildern, dass man einfach dann irgendwann sagt, ja
Speaker:
00:28:40
klar, das habe ich schon mal gesehen. Das ist dann einfach so.
Speaker:
00:28:45
Nur so viel auch dazu, was einen eben belasten kann und diese
Speaker:
00:28:49
Unvorbereitheit dann darauf, das ist ein ganz großer Faktor.
Speaker:
00:28:54
Also wir hatten bei uns eine Ausbildung mal einen Ausbilder,
Speaker:
00:28:58
der gesagt hat, im Endeffekt, Wenn ihr in so eine Situation
Speaker:
00:29:01
reinkommt, ihr geht quasi in eine Art von
Speaker:
00:29:05
Marsmenschenanzug rein, macht die zu und
Speaker:
00:29:09
wenn ihr nachher aus der Situation wieder rausgeht, dann zieht genau diesen Anzug
Speaker:
00:29:13
wieder aus, damit ihr genau das nicht mit nach Hause
Speaker:
00:29:16
nehmt in eure Familien, denn
Speaker:
00:29:20
das hält die Familie auch nicht aus. Ne, ne. Und auch das so
Speaker:
00:29:24
runterdrücken und runterschlucken, am besten noch mit
Speaker:
00:29:28
Alkohol, ist noch schlimmer. Ja, also das ist ja so eine
Speaker:
00:29:31
typische Techniken, sage ich mal, und
Speaker:
00:29:35
Maßnahmen, die man dann so hat. Alles natürlich
Speaker:
00:29:39
absolut destruktiv und funktioniert nicht. Ich habe da ja auch meine eigene das teile
Speaker:
00:29:42
ich ja auch immer sehr Techniken entwickelt, so wie ich
Speaker:
00:29:46
damit umgehe. Das muss man halt auch erst mal lernen. Ich hatte
Speaker:
00:29:50
halt das Glück, dass ich jetzt nicht irgendwie zusammengebrochen bin und dann das lernen musste,
Speaker:
00:29:53
sondern ich war so kurz davor und habe dann rechtzeitig die Reißleine gezogen
Speaker:
00:29:57
und habe viel geändert. Und das war, ja, das ist
Speaker:
00:30:01
entscheidend, dass Leute das auch frühzeitig hören und mitbekommen,
Speaker:
00:30:05
so wie wichtig das eben ist, mal auf sich wirklich zu hören. Ist
Speaker:
00:30:08
natürlich in 1 Zeit der ständigen Ablenkung.
Speaker:
00:30:12
Ja, es ist ja nichts leichter, als das Handy zu nehmen und schon ist man
Speaker:
00:30:16
komplett weg, ist das natürlich auch nochmal eine ganz
Speaker:
00:30:19
andere Herausforderung. Aber auch das ist eben das für meine jungen Kollegen, was so wichtig
Speaker:
00:30:23
ist zu erkennen, ist da jetzt eine Belastung da, wie gehe ich jetzt damit
Speaker:
00:30:27
und wie bereite ich mich darauf vor, Belastungen
Speaker:
00:30:31
besser zu ertragen, also die Resilienz einfach zu stärken.
Speaker:
00:30:35
Was hilft mir persönlich dafür? Bei mir ist es
Speaker:
00:30:39
Wandern, Sauna, Sport, was auch immer. Viele Dinge so
Speaker:
00:30:42
in Ruhe, für mich alleine, MeTime. Bei anderen ist es vielleicht was ganz
Speaker:
00:30:46
anderes und das muss man erstmal für sich so erkennen, was einem wirklich
Speaker:
00:30:50
gut tut, im Gegensatz zu dem, was vielleicht so erzählt wird, was
Speaker:
00:30:53
mal generell einem gut tut. Nicht für jeden ist das das Richtige,
Speaker:
00:30:57
aber da ist es ganz wichtig, sich da Gedanken drüber zu machen,
Speaker:
00:31:01
wenn man in einem Beruf arbeitet, der solche Stressoren
Speaker:
00:31:04
beinhaltet. Aber es ist ganz wichtig eben
Speaker:
00:31:08
halt, dass du gut für dich selbst sorgst, denn dann kannst du auch gut
Speaker:
00:31:12
für deine, ich weiß nicht wie ihr es nennt, Klienten, Kunden
Speaker:
00:31:16
oder wie auch immer in den Fällen sagen. Und da
Speaker:
00:31:20
hast du ja auch deine Antennen offen. Ja gut, man muss ja
Speaker:
00:31:24
auch 1 sagen, das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber ich genauso wie alle anderen
Speaker:
00:31:27
Polizeibeamten repräsentieren eben den Staat. Wenn wir nicht funktionieren,
Speaker:
00:31:31
funktioniert der Staat nicht. Das heißt, das, was wir tun, wie
Speaker:
00:31:35
wir handeln, das ist das Handeln des Staates. Das ist das, wofür die Bürger
Speaker:
00:31:39
ihre Steuern zahlen und was die Bürger von uns erwarten
Speaker:
00:31:43
können. Dass natürlich da überall Menschen dahinter stecken und nicht jeder
Speaker:
00:31:46
ständig funktioniert und nicht jeder fehlerfrei ist völlig klar.
Speaker:
00:31:50
Aber sich das auch immer mal wieder zu vergegenwärtigen, wie
Speaker:
00:31:54
wichtig die eigene Arbeit dann ist. Das ist auch ganz wichtig und ein ganz
Speaker:
00:31:57
großer Punkt, den ich auch versuche, meinen jungen
Speaker:
00:32:01
Kollegen immer wieder zu vermitteln. Lieber
Speaker:
00:32:05
David, ich sage ganz herzlichen Dank. Sehr
Speaker:
00:32:08
gerne. Es hat mir viel Spaß gemacht. Vielen Dank für die
Speaker:
00:32:12
weiten Einblicke. Einiges war für mich auch neu.
Speaker:
00:32:16
Und liebe Hörerinnen und Hörer, wenn ihr Fragen an
Speaker:
00:32:20
uns habt, schreibt mir bitte am besten, entweder ihr guckt
Speaker:
00:32:24
vorher in die Show Notes rein oder unter podcast.trauermanager.de
Speaker:
00:32:31
Und dann erreicht mich das und dann gebe ich das auch gerne an den David
Speaker:
00:32:34
weiter und mal sehen, was sich aus der Episode
Speaker:
00:32:38
noch ergibt. Wunderbar. Vielen Dank.
Speaker:
00:32:41
Mach's gut.