CAMPO Trip London: How do you build a space in the mind, and the heart? (Teil 1)
(mit Verity-Jane Keefe und Kate Batchelor)
Für Recherchen ist Podcast-Gastgeber Alain Gloor im Februar 2024 mit einer Delegation der
SKKG nach London gereist. Die bunt zusammengewürfelte Gruppe hat sich Institutionen,
Projekte und Sammlungen angeschaut. Und vor allem den Menschen zugehört, die damit zu
tun haben. So beispielsweise der Künstlerin Verity-Jane Keefe, die gemeinsam mit einem
Designteam einen Quartierclub wieder zum Leben erweckt: The Moorings Sociable Club in
Thamesmead.
Museen wollen immer mehr zu Orten nicht nur für Kunst und Objekte werden, sondern auch
für Menschen. Ein Ort fürs Zusammensein, fürs Diskutieren. Wie kreiert man diesen
sogenannten dritten Ort? Mit dieser Frage im Hinterkopf haben Alain und seine Kolleg:innen
einen Tag in einem Wohnbauviertel im Südosten der englischen Hauptstadt verbracht.
Nach Hause in den CAMPO in Oberwinterthur nehmen sie diese Erkenntnisse: Ein Ort für
Menschen muss mit Menschen erschaffen werden und den spezifischen Umständen vor Ort
Rechnung tragen. Dazu gehört im Beispiel des Moorings Sociable Clubs: Die Beziehung zu
Tieren, das Design von Toiletten, nicht bevormundende Farben, spielerische Wegführung,
das Entfernen von Verbotsschildern, Flugschneisen und Holzspäne einer alten Bar im
Boden. Neugierig? Reinhören und erfahren, was es damit genau auf sich hat.
Du hast Fragen, Inputs oder Kritik? Melde dich via sammelstelle@skkg.ch oder via
Sprachnachricht an 077 456 07 41.
Links
Alle Info zu CAMPO findest du hier, alle Info zum Siegerprojekt hier, und den Jury-Bericht
zum Architekturwettbewerb hier.
Verity-Jane Keefe hat ein sehr empfehlenswertes Buch herausgegeben über die Entwicklung
des Moorings Sociable Clubs: «From Social to Sociable», London 2024.
Zur Projektvorstellung des Moorings Sociable Clubs auf der Website von Peabody geht es
hier.
Und mehr Info zu Peabody gibt es hier.
PODCAST: Wohin damit? Unterwegs in die Zukunft des Kulturerbes
CAMPO Trip London: How do you build a space in the mind, and the
heart? (Teil 1) (Folge 11)
[Verity-Jane Keefe:] “The entrance, ... ‘How do you design a space that
actually feels welcoming?’ We say it all the time in design team meetings,
‘It must feel welcoming’. ‘It must feel like you can walk inside.’ How do we
do that?”
[Verity-Jane Keefe:] „Der Eingang ... Wie gestaltet man einen Raum, der
sich wirklich einladend anfühlt? Wir sagen das ständig in den
Besprechungen der Designteams: 'Es muss sich einladend anfühlen'. Es
muss sich so anfühlen, als ob man einfach jederzeit hineingehen könnte.
Wie können wir das erreichen?“
[Verity-Jane Keefe:] “All right.”
[Verity-Jane Keefe:] “Also gut.”
[Alain Gloor:] “Just be yourself. It’s very authentic.”
[Alain Gloor:] “Sei einfach du selbst. Das ist sehr authentisch.”
[Alain Gloor:] Das ist Verity-Jane Keefe. Wir treffen Verity am Rand von
London. In Thamesmead. Am Rand vom Rand von London hat sie als
Künstlerin im Designteam ein Gemeindezentrum oder „Quartierclub“
revitalisiert. Er heisst heute “The Moorings Sociable Club”, kurz “Sociable
Club”. Ich sage später mehr dazu. Jetzt erst mal: Plattenbauten. Viel
Armut. Hohe Kriminalität. Wenig Perspektiven. Wenig Leichtigkeit.
Die Elizabeth Line, eine neue Verbindung der London Underground, führt
bis Thamesmead. Hier treffen wir uns. Endstation.
Seit die Elizabeth Line angekündigt wurde, wachsen in der Nähe des
Bahnhofs Neubauten aus dem Grund. Ohne hineinzusehen, würde ich
sagen: Doch etwas seelenlos alles heute. Grau. Wenig lebendig. Trotz der
kürzlich eingeweihten Bibliothek. Und ja, es ist kalt. Es nieselt. Der Himmel
ist dunkel und tief. Das mag mein Gefühl für den Ort auch beeinflussen.
Anyway. Von da spazieren wir etwa zwanzig Minuten weiter bis zum
Gemeindezentrum, woran Verity mehrere Jahre gearbeitet hat. Ich nehme
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dich gleich mit. Aber wart mal: Was machen wir eigentlich da? Am
äussersten Rand von London?
[Verity-Jane Keefe:] “So shall I tell you? I’ll tell everyone a bit about
Thamesmead. I wanted us to walk to the Sociable Club because I think the
connection between the main point of transit and the building is super
important, and the fact that it is quite disconnected. So Thamesmead was
built in the ‘60s by the Greater London Council, which has now collapsed in
the ‘80s. So it's a huge council estate, quite ambitious, and quite a testbed.
The GLC, all their architects were quite young and radical and
experimental, and they were just able to test and experiment.”
[Verity-Jane Keefe:] „Also, soll ich euch davon erzählen? Ich erzähle allen
ein wenig über Thamesmead. Ich wollte, dass wir zum Sociable Club
spazieren, weil ich denke, dass die Verbindung zwischen dem
Haupttransitpunkt und dem Gebäude super wichtig ist – und die Tatsache,
dass diese ziemlich schlecht verbunden sind. Thamesmead wurde in den
60er Jahren vom Greater London Council gebaut, das in den 80er Jahren
zerfallen ist. Es handelt sich also um eine riesige städtische Siedlung –
ziemlich ehrgeizig und eigentlich ein Testgebiet. Die Architekten des GLC
waren alle recht jung, radikal und experimentierfreudig, und sie konnten
einfach testen und experimentieren.“
[Alain Gloor:] Im Februar:Kunst, Kultur und Geschichte zu einer dreitägigen Recherchereise auf. Mit
dabei waren Mitglieder aus dem Stiftungsrat, der Direktion, der
Geschäftsleitung sowie Projektleiter:innen und -mitarbeiter:innen - und
externe Mitarbeitende im Mandat. Eine spannende Gruppe. Fünf
Hierarchiestufen. Wir gingen nach London, um dazuzulernen für CAMPO
und unser Sammlungshaus. Wir haben Institutionen, Projekte und
Sammlungen angeschaut. Und vor allem mit den Menschen gesprochen,
die damit zu tun haben.
In dieser und den nächsten beiden Folgen gebe ich Einblicke in diese
Recherchereise. Begleitet und unterstützt hat uns auf diesem „CAMPO
Trip“ die Agentur „The Liminal Space“, ebenfalls aus London. Sie hat
Leitfragen für die Reise entwickelt:
- „How do you build a space in the mind, and the heart?”
o “Wie entsteht ein Ort für den Kopf genauso wie fürs Herz?”
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- „How do people get close to collections?“
o “Wie kommen Menschen nahe an Sammlungen heran?”
- „How is the museum of the future organized”?
o “Wie ist das Museum der Zukunft organisiert?”
Pro Folge gehe ich eine dieser Fragen näher auf den Grund. Knapp
zusammengefasst: In der ersten Folge geht’s um Orte und Menschen. In
der zweiten um Sammlungen und Menschen. In der dritten um
Organisationen und Menschen.
Heute also geht’s um die Frage: „How do you build a space in the mind,
and the heart”?
Und ja, in diesem ersten Teil gehen wir nicht in ein Museum und wir reden
auch nicht über Museen. Aber es gibt natürlich einen Zusammenhang.
Museen versuchen immer mehr, auch zu Orten zu werden nicht nur für
Objekte, sondern auch für Menschen. Fürs Zusammensein. Fürs
zusammen Diskutieren. Das Stichwort ist der sogenannte “dritte Ort”. Ich
sage später noch mehr dazu.
Übrigens: In diesen drei Folgen wird viel Englisch gesprochen. Du findest
die Übersetzung jeweils in den verlinkten Transkripten unten. Aber gehen
wir zurück zu Verity.
[Verity-Jane Keefe:] “Thamesmead is the place where architects will come
just like we've come and get off the train. ‘Yes, I've come to the place
where Clockwork Orange was filmed.’ They’ve got their DSLRs. They’ll
walk down to the lake, they’ll take their pictures, they’ll turn around and go,
and they’ll be like, I’ve done Thamesmead.”
[Verity-Jane Keefe:] „Thamesmead ist der Ort, an den Architekten
kommen, so wie wir es sind, und aus dem Zug aussteigen. 'Ja, ich bin an
den Ort gekommen, an dem Clockwork Orange gedreht wurde.' Sie haben
ihre DSLRs [Kamera] dabei. Sie gehen zum See hinunter, machen ihre
Fotos, drehen sich um und gehen, und dann sagen sie: „Ich war in
Thamesmead.“
[Alain Gloor:] Wir gehen weiter. Ich setze mich schon länger mit Verity und
ihrer Arbeit auseinander. Sie hat auch schon mal einen Input bei uns in der
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Stiftung gemacht. Ich bin sicher, dass ihre Zugänge uns weiterbringen
können. Es war mir wichtig, sie und mehr Menschen aus unserer Stiftung
zusammenzubringen. Und jetzt auch mit dir. Schön, bist du auf unserem
Spaziergang dabei!
[Verity-Jane Keefe:] “I'm so glad you've come to Thamesmead. It’s pretty
great, isn’t it?”
[Verity-Jane Keefe:] „Ich bin so froh, dass ihr nach Thamesmead
gekommen seid. Es ist ziemlich toll, nicht wahr?“
[Alain Gloor:] “I love it.”
[Alain Gloor:] „Ich finde es grossartig.”
[Verity-Jane Keefe:] “Yeah, you have a good group. I told my friend
yesterday, I'm meeting a group of ten Swiss people. I couldn't really
describe. I was like, I've been doing some work on and off, talking about
their project. I thought, I'm taking them to Thamesmead. They were like,
‘What?’ So we'll cross. I'll take it to the crossing just to not kill the board.”
[Verity-Jane Keefe:] „Ihr habt hier eine tolle Gruppe. Ich habe gestern einer
Freundin erzählt, dass ich mich mit einer Gruppe von zehn
Schweizer:innen treffe. Ich konnte es nicht wirklich beschreiben. Ich sagte:
Ich habe immer mal wieder mit ihnen gearbeitet und über ihr Projekt
nachgedacht. Ich dachte, ich nehme sie mit nach Thamesmead. Sie sagte
nur: „Wie bitte? Lass uns die Strasse hier überqueren. Ich bringe euch zur
Kreuzung, ich will ja nicht den Stiftungsrat umbringen.“
[Alain Gloor:] “’Kill the board’. You are very funny, you.”
[Alain Gloor:] „Den Stiftungsrat umbringen. Du bist mir eine!”
[Verity-Jane Keefe:] “You see? Here you go.”
[Verity-Jane Keefe:] „Siehst du? Hier, bitte sehr.“
[Alain Gloor:] “We have two board members here.”
[Alain Gloor:] „Wir haben zwei Mitglieder des Stiftungsrats dabei.“
Wir haben den Clockwork-Orange-See hinter uns gelassen und gehen
zwischen den Neubauten durch Richtung unseres eigentlichen Ziels. Trotz
der Neubauten sieht es hier nicht aus wie in einer Grossstadt. Dicht
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verbaut ist Thamesmead (noch) nicht. Wir laufen auch an Working-Class-
Reihenhäuschen vorbei, die mindestens 40, 50 Jahre alt sein müssen. Und
an Feldern und Wiesen. Es gibt hier auch geschützte Plätze für Fahrende,
wie Verity erklärt:
[Verity-Jane Keefe:] “The bit we just walked past, we have protected
traveller sites, traveller communities. Each local authority has to give land
to a traveller community. And before this was all built, this has been a huge
raveller area. When I came in:you'd always see horses tethered in front of the houses that have now
been demolished. And I was like, ‘Oh, it's such a shame they're not here
anymore. And we've turned the corner and we've seen one. Hello.’”
[Verity-Jane Keefe:] „Das Stück, an dem wir gerade vorbeigegangen sind,
haben wir für Fahrendenstandorte und Fahrendengemeinschaften
geschützt. Jede lokale Behörde muss Land an eine
Fahrendengemeinschaft abgeben. Und bevor das alles gebaut wurde, gab
Gebiet für Fahrende. Als ich:auch schon zuvor, sah man immer Pferde, die angebunden vor den
Häusern, die jetzt abgerissen wurden. Und ich dachte: 'Oh, es ist so
schade, dass sie nicht mehr hier sind. Und jetzt sind wir um die Ecke
gebogen und haben eines gesehen. Hallo.'”
[Bettina Stefanini:] “The horses are … It's very controversial because often
the life circumstances of those children are really, really grim. And their one
connect to love and the living being is that horse. And at the same time, the
people for animals rights, that's not the way to keep a horse.”
[Bettina Stefanini:] „Die Pferde sind ... Es ist sehr umstritten, weil die
Lebensumstände dieser Kinder oft sehr, sehr schwierig sind. Und ihre
einzige Verbindung zur Liebe und zu Lebewesen ist dann dieses Pferd.
Und gleichzeitig sollte man ein Pferd laut Tierschutz nicht auf diese Weise
halten.“
[Verity-Jane Keefe:] “There’s not enough land for a horse to be on.”
[Verity-Jane Keefe:] „Das ist nicht genügend Platz für ein Pferd.“
[Alain Gloor:] Wir setzen unseren Spaziergang fort. Mich hat das
beeindruckt, was Bettina Stefanini gesagt hat. Wie wichtig die Beziehung
von Kindern von Fahrenden zu den Tieren ist. Und dann das Wohl der
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Kinder im Zusammenhang mit dem Wohl der Tiere zu sehen. Aber auch
das Wohl der Tiere nicht zu vergessen, was natürlich völlig richtig ist.
“How do you build a space for the mind, and the heart?”, ist ja meine Frage
heute. Zuneigung, ja vielleicht Zärtlichkeit muss an einem solchen Ort
möglich sein. Auf jeden Fall Beziehungen.
[Verity-Jane Keefe:] “So this is... These are my benches, strangely. And
this sign … As you see, you drop off this bridge and you're like, ‘Where am
I’? Unless you know where you are. So this sign was developed by me with
a school I worked with. Just thinking about where do we actually want to
get signs to? So that's why they put ‘To the Moon’ on the top. It will take
you nine and a half years. So to try and introduce this … that idea of play
and playfulness in wayfinding and signage.
[Verity-Jane Keefe:] „Das sind meine Sitzbänke. Und dieses Zeichen. Wie
du siehst, kommst man von dieser Brücke herunter und fragt sich: „Wo bin
ich?“ Es sei denn, man weiss schon, wo man ist. Dieses Zeichen habe ich
zusammen mit einer Schule entwickelt, mit der ich gearbeitet habe. Wir
haben uns überlegt, wohin wir die Schilder eigentlich bringen wollen.
Deshalb steht da oben 'Zum Mond' drauf. Für diese Reise braucht man
neuneinhalb Jahre. Ich habe versucht, diese Idee des Spiels und der
Verspieltheit in die Wegweisung und Beschilderung einzubringen.“
[Verity-Jane Keefe:] And then also these benches. Thinking about how a
bench can be much more than maybe what we've just seen in that square,
like a place to actually sit that's comfortable and that you might stay. When
I came the other day, I was really happy to see six construction workers sat
there eating their sandwiches, being used. Yeah, because before this was
just a place where people would walk over, cut over. There's a big problem
with cars close, as you can see. So just trying to make this feel a bit nicer.
And also … how do we... if people are coming to the Sociable Club, how
do they know that they're near? There's nothing that tells them.”
[Verity-Jane Keefe:] „Und dann diese Sitzbänke. Wir haben darüber
nachgedacht, dass eine Bank viel mehr sein kann als das, was wir gerade
auf dem Platz gesehen haben, nämlich ein Platz zum Sitzen, der bequem
ist und auf dem man verweilen kann. Als ich neulich hierherkam, war ich
wirklich glücklich, sechs Bauarbeiter zu sehen, die dort saßen und ihre
Sandwiches aßen – die die Bank benutzt haben. Vorher war das nur ein
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Ort, an dem die Leute vorbeigegangen sind, eine Abkürzung genommen
haben. Wie ihr sehen könnt, gibt es ein grosses Problem mit Autos. Wir
versuchen, das Ganze ein bisschen angenehmer zu gestalten. Und wenn
die Leute zum Sociable Club kommen, woher wissen sie, dass sie in der
Nähe sind? Es gibt nichts, was ihnen einen Hinweis gibt.“
Sociable Club” nun genauer?:Greater London Council (kurz: GLC) gebaut, hiess er noch “The Moorings
Social Club”. Er steht im Herzen von Thamesmead in der
Sozialbausiedlung “The Moorings”. “Moorings”, weil der Architekt Stephen
lbausiedlung besteht aus rund:Wohnungen. Ende der 1960er Jahre sollte mit Thamesmead auf diesem
ehemaligen Sumpfland des Militärs eine neue Stadt am Rand der alten
Stadt London entstehen. Grosse Visionen. Neues Denken. Neue
Architektur.
“At the heart of the Moorings, just like with most GLC stages and estates,
was a local centre. These local centres sought to provide communities with
social amenities and local shops, alongside schools and employment”,
schreibt Verity in ihrem Buch zum Projekt.
„Das Herzstück der Moorings war, wie bei den meisten GLC-Stadien und -
Siedlungen, ein lokales Zentrum. Diese lokalen Zentren sollten den
Gemeinden neben Schulen und Arbeitsplätzen auch soziale Einrichtungen
und lokale Geschäfte bieten.
“
Social Club” seit Mitte der:geschlossen. So, wie es auch die GLC nicht mehr gibt, die mal die grossen
Visionen hatte. Mitte der:der Gegend an. Sie hat auch Verity den Auftrag gegeben, das
Quartierzentrum “Moorings Social Club” zu reaktivieren. Ihre
Auftraggeberin war Kate Batchelor. Ah, da kommt sie uns ja gerade
entgegen!
[Verity-Jane Keefe:] “This is everybody.”
[Kate Batchelor:] “Hi, everybody.”
[Verity-Jane Keefe:] “This is Kate Batchelor, who was my original
Commissioner for Artists in Residence, and then Project Lead for the
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Moorings Sociable Club, and now dear friend and collaborator. So she's
come to join us for the tour of the building. Any immediate questions on
what you've seen? So Kate works for Peabody. What's your actual job
title? Director of...”
[Verity-Jane Keefe: „Das ist Kate Batchelor, die ursprünglich meine
Beauftragte für Artists in Residence war, dann Projektleiterin für den
Moorings Sociable Club und jetzt eine gute Freundin und Mitarbeiterin. Sie
begleitet uns bei der Besichtigung des Gebäudes. Habt ihr gleich schon
Fragen zu dem, was ihr gesehen habt? Kate arbeitet also für Peabody.
Was ist deine eigentliche Berufsbezeichnung? Direktorin für...“
[Kate Batchelor:] “That was a quick promotion. Head of Landscape and
Placemaking.”
[Kate Batchelor:] „Du hast mich schnell befördert. Ich bin Leiterin der
Abteilung Landschaft und Ortsgestaltung.“
[Kate Batchelor:] “So Peabody is like a social landlord. So our core
business is about providing social housing for people across. And so
Peabody is a housing association. It has a charitable status, and it's
effectively a not-for-profit organisation. So any surplus we make gets fed
back into lots of programmes that support the communities that we house,
effectively. There's a number of ways we get our income. So one is
predominantly just through rent, whether that's the social rent, which rents
are set by government, or by private rent. But also we build new homes
and sell those privately. And that is a form of income as well. And then
there are other loans and grant funding. So it's quite a mixture of where we
get our funding from. But predominantly, it is funded by rent. But we are a
health builder as well as a landowner.”
[Kate Batchelor: „Peabody ist also eine Art sozialer Vermieter. Unser
Kerngeschäft ist die Bereitstellung von Sozialwohnungen für Menschen in
ganz England. Peabody ist also eine Wohnungsbaugesellschaft. Sie hat
den Status einer gemeinnützigen Organisation und ist nicht
gewinnorientiert. Jeder Überschuss, den wir erwirtschaften, fließt in viele
unterschiedliche Programme zur Unterstützung der Gemeinschaften, die
wir beherbergen, zurück. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie wir
unser Einkommen erzielen. Eine davon ist die Miete, sei es die
Sozialmiete, die von der Regierung festgelegt wird, oder die private Miete.
Aber wir bauen auch neue Wohnungen und verkaufen diese privat. Auch
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das ist eine Form des Einkommens. Und dann gibt es noch andere
Darlehen und Zuschüsse. Es ist also eine Mischung, aus der wir unsere
Mittel beziehen. Aber überwiegend wird es durch Mieteinnahmen
finanziert. Aber wir sind nicht nur Grundstückseigentümer, sondern auch
Bauherr.“
[Verity-Jane Keefe:] “So the Sociable Club, for example, it was funded by
Peabody, but also with a grant from Greater London Authority, Mayor of
London's Good Growth Fund.”
[Verity-Jane Keefe:] „Der Sociable Club beispielsweise wurde von Peabody
finanziert, aber auch mit einem Zuschuss der Greater London Authority,
dem Good Growth Fund des Londoner Bürgermeisters.“
[Alain Gloor:] “110,000 homes, 220,000 residents, more or less, I read.”
[Alain Gloor:] „110.000 Wohnungen, 220.000 Bewohner:innen, mehr oder
weniger, habe ich gelesen.“
[Kate Batchelor:] “I'm going to say that's right then. I'm not so great on the
facts and figures, but it's all on our website. It's because we've … it's quite
grown over the years.”
[Kate Batchelor:] „Dann behaupte ich mal, dass das richtig ist. Ich kenne
mich nicht so gut mit Fakten und Zahlen aus, aber das steht alles auf
unserer Website. Das liegt daran, dass wir ... es ist im Laufe der Jahre
ziemlich gewachsen.“
[Alain Gloor:] “Thank you. Any more questions?”
[Alain Gloor:] „Danke. Gibt es weitere Fragen?“
Die Frage, ob da eine “toilet along the way” wäre, kommt aus der Gruppe.
Und nicht, dass du denkst, dass das alles war, was aus der Gruppe kam.
Wir hatten sehr angeregte Gespräche und es kamen spannende Fragen
auf. Aber ich hatte nur zwei Mikrofone dabei und konnte das alles nicht
sauber einfangen. Aber zurück zur Toiletten-Frage.
[Verity-Jane Keefe:] “Really close. Really close. I'll tell you what, the toilets
are great. Wonderful. They're really great.” Other questions?”
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[Verity-Jane Keefe:] „Ganz in der Nähe. Wirklich nah. Ich sage euch, die
Toiletten sind toll. Wunderbar. Sie sind wirklich grossartig.“ Weitere
Fragen?“
[…:] “That would have been my question too.”
[...:] „Das wäre auch meine Frage gewesen.“
[Alain Gloor:] Es geht weiter. Endlich sehe ich vor uns das Gebäude, von
dem mir Verity so viel erzählt hat. Wir halten an auf dem kleinen Vorplatz
vor dem “Moorings Sociable Club”. Schauen uns kurz um. Dann gibt’s
Dringliches.
[Verity-Jane Keefe:] “If we wait here, I just want to gauge how ... Out of 10,
how desperate are people for the toilet? Quite. Quite? Could you …
Seven? Okay, because otherwise... Yeah. Maybe run in and use the toilet.
Pretend you haven't seen anything and then come back out because we
do the tour from outside in.”
[Verity-Jane Keefe:] „Wenn wir hier warten, möchte ich kurz abschätzen,
wie ... Von 1 bis 10, wie dringend müssen die Leute auf die Toilette?
Ziemlich. Ziemlich? Könnt ihr ... Sieben? Okay, denn sonst... Ja, ja. Geht
ihr rein und benützt die Toilette. Tut so, als hättet ihr noch nichts gesehen
und kommt dann wieder raus, weil wir die Tour von aussen nach innen
machen.“
Es klingt vielleicht eigenartig: Aber ich war so happy, als Verity betont hat,
wie grossartig die Toiletten seien. Bei uns im Team poche ich schon länger
darauf, dass wir gerade Orten wie der Toilette besondere Aufmerksamkeit
schenken. Nicht zuletzt ist mir das aufgefallen, als ich mal musste im
neuen MUDAC in Lausanne. Das finde ich echt gelungen.
[Alain Gloor:] “I love that you said it.”
[Alain Gloor:] „Grossartig, dass du das gesagt hast.“
[Verity-Jane Keefe:] “Oh, God. I spent so much time on the toilets.”
[Verity-Jane Keefe:] „Meine Güte, ich verbringe so viel Zeit auf Toiletten.“
[Verity-Jane Keefe:] “Because in terms of the architects were all men, so
they don't know. They didn't care about things that women deal with in the
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bathroom, which is like, sorry, but if you're sat on the toilet and you have
the sanitary bin hitting your leg, it's like, that's disgusting. Let's do better.
So we run a lot of workshops about the toilets, and the architects were like,
Oh, who cares? And everybody cares. Height, so we have children's height
sinks. We have children's height urinals, somewhere where you feel
special because quite often, toilets in public buildings, we really … I
thought of this as a public building, like a library. There are always places
that you ... The architecture … like stainless steel so you can wipe it down
quickly, blue light so you can't find your vein and take drugs. Metal toilet
that's wiped. They're horrible. They're not places. So we wanted them to be
places that you might hang around in, do your makeup. Well, like you do at
home. You go to the toilet, you wash your hands, you check your make-up,
hooks for your bag … You meet people in the toilet.”
[Verity-Jane Keefe:] „Bei diesem Projekt waren die Architekten alle
Männer, also wissen sie das alles nicht. Sie haben sich nicht um Dinge
gekümmert, mit denen Frauen dort zu tun haben, wie zum Beispiel: Tut mir
leid, aber wenn man auf der Toilette sitzt und der Hygienebehälter gegen
das Bein stößt, dann ist das ekelhaft. Das sollten wir besser machen. Also
haben wir eine Menge Workshops über Toiletten veranstaltet, und die
Architekten meinten: Oh, wen interessiert das schon? Alle, für alle ist es
wichtig! Wir haben Waschbecken in Kinderhöhe. Wir haben Pissoirs in
Kinderhöhe, irgendwo, wo man sich besonders fühlt, denn oft sind die
Toiletten in öffentlichen Gebäuden wirklich ... Ich dachte an ein öffentliches
Gebäude, wie eine Bibliothek. Es gibt immer Orte, an denen man ... Die
Architektur ... wie rostfreier Stahl, damit man sie schnell abwischen kann,
blaues Licht, damit man seine Vene nicht findet und Drogen nehmen kann.
Metalltoiletten, die man abwischen kann. Sie sind furchtbar. Das sind keine
Orte. Wir wollten, dass es Orte sind, an denen man sich aufhält, sich
schminken kann. So wie man es zu Hause macht. Man geht auf die
Toilette, wäscht sich die Hände, kontrolliert sein Make-up, hakt seine
Tasche ein ... Man trifft Leute auf der Toilette.“
[Alain Gloor:] Wir stehen immer noch draussen und warten, bis alle zurück
sind von der Toilette. Dann erzählt Verity, was es mit dem Slogan auf sich
hat, der in grossen farbigen Buchstaben aussen am Gebäude hängt: „All
the best for the future“ steht da.
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[Verity Jane-Keefe:] “This was taken from a poster that I found in the
irst visit to the building in:fact that this had been left probably by a young person who was aged four
or five before they finished the nursery. And that same person was
probably 20 now. And I thought it was such an important, prescient
message for post-austerity UK, and even more so now when we're in next
phase austerity and after the pandemic. And yeah, so that's one. I thought
the signage for the building, there should be these nudges or these
gestures like, ‘Come on, you're going in the right direction. You're nearly
there’. So these are dotted around the building. So this one says ‘A little bit
further’. ‘Keep going around here’.”
[Verity Jane-Keefe:] „Das stammt von einem Plakat, das ich bei meinem
allerersten Besuch im Jahr:ich finde es wirklich toll, dass es wahrscheinlich von einem jungen
Menschen hinterlassen wurde, der vier oder fünf Jahre alt war, bevor er die
Kinderkrippe beendete. Und dieselbe Person ist jetzt wahrscheinlich 20 alt.
Und ich dachte, das sei eine so wichtige, vorausschauende Botschaft für
das Vereinigte Königreich nach der Sparmassnahmenpolitik und erst recht
jetzt, wo wir uns in der nächsten Phase des Sparens und nach der
Pandemie befinden. Und ja, das ist die eine. Ich dachte, die Beschilderung
für das Gebäude sollte diese Stupser oder Gesten enthalten wie: „Komm
schon, du gehst in die richtige Richtung. Du bist fast da“. Die sind überall
im Gebäude verteilt. Hier steht also: 'Noch ein bisschen weiter'. Geh hier
weiter'.“
[Alain Gloor:] Wir folgen den Wegweisern. Gehen um das Gebäude herum.
Ein Bau aus den:zweigeschossiges Backsteinhaus aus rotem Ziegelstein. Wichtig waren
Funktionalität und die Möglichkeit von Gemeinschaft. Im Aussen- und im
Innenraum wurde der gleiche Ziegelstein verwendet, kombiniert mit den
grossen Fensterfronten, verschmilzt so der Innen- und Aussenraum
tendenziell. Eine Treppe führt vom EG in die eigentliche Aufenthaltszone.
Ich bin ja kein Architekt, aber ich würde sagen: Kein Wurf, aber doch ganz
interessant und ambitioniert.
Wir gehen von der Vorderseite um das Gebäude herum, hier macht sich
der Blick auf ein schwarzes Schrägdach frei. Es steht in riesigen weissen
Buchstaben: „The Moorings Sociable Club“.
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[Verity-Jane Keefe:] “This is a good time to talk about the name of the
building, actually. So this, as you've seen, some aeroplanes already. So
this is on the flight path. Again, quite often, council estates are put on the
flight path because it's the most polluted and the loudest. The lovely
generosity there. But I thought it was great that every plane coming into
London City Airport, which is quite ... It's where our flight is to Zurich. It's
like the SNAS commuter airport would be able to see this as a ‘beacon’ out
of the window. So keep your eyes peeled if you ever fly into London City.
And also when you're stood up on these terraces where most people live,
you can see it on the approach. So the name of the building, it was called
‘The Moorings Social Club’. So we held a public competition, again, over
the pandemic, where we posted out, developed a postcard, and asked
anybody... They could call it whatever they want. You probably won't have
heard of it in Switzerland, but we had this thing called ‘Boatie McBoatface’.
Have you heard of that? Where the Navy were renaming a ship. And they
held a public competition, and you could call it whatever you want. There
was a public competition, and the one that won was ‘Boatie McBoatface’.
And then they backtracked and called it the ‘David Attenborough’. So we
had this meeting, a serious meeting with the client team, and assembled a
little competition group about who would decide. So someone from the
youth club, some residents we've worked with. So we can't have ‘Boatie
McBoatface’, right? Whatever is the most popular we have to go with. So
we wrote down some parameters for this competition. It can't incite hatred,
can't be violent, can't alienate people. And this …
[Verity-Jane Keefe:] „Das ist ein guter Zeitpunkt, um über den Namen des
Gebäudes zu sprechen. Wie ihr gesehen habt, gibt es hier einige
Flugzeuge. Der Ort hier liegt also auf der Flugroute. Auch hier gilt, dass
Sozialwohnungen oft auf der Flugroute liegen, weil es dort am meisten
verschmutzt und am lautesten ist. Welch schöne Grosszügigkeit. Aber ich
fand es toll, dass jedes Flugzeug, das den London City Airport anfliegt, hier
vorbeikommt. Von dort aus geht unser Flug nach Zürich. Der SNAS-
Pendlerflughafen würde dies als ‘Leuchtturm’ aus dem Fenster sehen
können. Haltet also die Augen offen, wenn ihr jemals nach London City
fliegt. Und auch wenn man auf diesen Terrassen steht, auf denen die
meisten Leute wohnen, kann man sie beim Anflug sehen. Der Name des
Gebäudes lautete ‘The Moorings Social Club’
. Wir haben einen öffentlichen
Wettbewerb veranstaltet, während der Pandemie, bei dem wir eine
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Postkarte verschickt haben und jede:n gefragt haben... Sie konnten es so
benennen, wie sie wollten. Wahrscheinlich habt ihr in der Schweiz noch nie
davon gehört, aber wir hatten dieses Debakel namens 'Boatie McBoatface'.
Die Marine wollte ein Schiff umbenennen. Sie veranstalteten einen
öffentlichen Wettbewerb, und man konnte es nennen, wie man wollte. Es
gab einen öffentlichen Wettbewerb, und der Gewinner war 'Boatie
McBoatface'. Dann zogen die Veranstalter den Gewinner zurück und
nannten es 'David Attenborough'. Wir hatten daher ein Treffen, ein
ernsthaftes Treffen mit dem Kundenteam, und stellten eine kleine
Wettbewerbsgruppe zusammen, die entscheiden sollte. Jemand aus dem
Jugendtreff, einige Bewohner:innen, mit denen wir zusammengearbeitet
haben. Auf diese Weise konnte kein 'Boatie McBoatface' rauskommen,
oder? Was auch immer am beliebtesten ist, wir müssen es nehmen. Also
haben wir einige Parameter für diesen Wettbewerb festgelegt. Er darf nicht
zum Hass aufstacheln, darf nicht gewalttätig sein und darf die Menschen
nicht verunsichern. Und dieser Vorschlag ...
[Alain Gloor:] … also der Name „The Moorings Sociable Club” …
[Verity-Jane Keefe:] … was from a young person from a primary school.
And we all unanimously loved it. So we sent that out, open call, and then
sent out a shortlist, another postcard where you could pick your favourite
out of the most popular five.”
[Verity-Jane Keefe:] ... war von einem jungen Menschen aus einer
Grundschule. Und wir waren alle einstimmig begeistert. Also schickten wir
einen offenen Aufruf raus, und dann verschickten wir eine Auswahlliste,
eine weitere Postkarte, auf der man seinen Favoriten aus den beliebtesten
fünf auswählen konnte.“
[Alain Gloor:] Und „The Moorings Sociable Club” hat am meisten Stimmen
erhalten. Mittlerweile sind wir drinnen im Gebäude. Uns fällt eine
Sammlung mit Strassenschildern auf. Sie hängt im Gebäude in einer
Vitrine. Auf den Schildern steht, ohne Ausnahme: „No ball game“.
[Verity-Jane Keefe:] “I proposed to remove all of the ‘No ball game’ signs
and rule signs because there was all these layers of telling people what to
do, and it just felt quite outdated. I had a really great time with the grounds
team, going around and mapping them all.”
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[Verity-Jane Keefe: „Ich schlug vor, alle ‚Ballspiel verboten‘-Schilder und
Regelschilder zu entfernen – alle diese vielen Ebenen, die den Leuten
sagen, was sie zu tun haben. Das kam mir ziemlich veraltet vor. Ich hatte
wirklich Spass, mit dem Grundstücksteam herumzulaufen und alles
aufzuschreiben.“
[Kate Batchelor:] “Just like business as usual, thinking about what does
anybody do? That just exists, right? … No one is going to come in and
tackle that because everyone is very busy, cash-strapped. We've got lots
of other things that feel much more important. I remember Verity took a
photo of every single one, of which I was thinking of the thing, put them in a
PowerPoint at the same time. We were going to Peabody, from our ground
team to our neighbour’s team, to our health and safety team. I was like,
‘We want to take some of these signs down’. And there's resistance
because they're like, ‘They went up for a reason’. ‘If we take it down, is it
going to be an issue?’ And then I started going through the PowerPoint.
You weren't there at the beginning.”
[Kate Batchelor:] „Es ist Alltag, darüber nachzudenken, was andere tun
könnten? Das ist einfach so, oder? ... Niemand wird kommen und das in
anprangern, weil alle sehr beschäftigt sind und das Geld knapp ist. Wir
haben viele andere Dinge, die uns viel wichtiger erscheinen. Ich erinnere
mich, dass Verity ein Foto von jedem einzelnen Schild gemacht hat und sie
in eine PowerPoint-Präsentation einfügte. Wir gingen alle gemeinsam zu
Peabody, von unserem Grundstückteam über das Team unserer
Nachbarn:innen bis hin zu unserem Gesundheits- und Sicherheitsteam. Ich
sagte: 'Wir wollen einige dieser Schilder räumen'. Und es gab Widerstand,
weil sie sagten: 'Sie wurden aus einem bestimmten Grund aufgestellt'.
Wenn wir sie abnehmen, wird es dann ein Problem geben? Und dann habe
ich angefangen, die PowerPoint-Präsentation durchzugehen. Du warst am
Anfang nicht dabei.“
[Verity-Jane Keefe:] “No, you told me. But there was hundreds, and I'd laid
them out as a PowerPoint for Kate to prove the point.”
[Verity-Jane Keefe:] „Nein, du hast es mir gesagt. Aber es waren Hunderte,
und ich habe sie in einer PowerPoint-Präsentation für Kate aufgelistet, um
das zu beweisen.“
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[Kate Batchelor:] “I think there was about 100, and there was a slide per
image. I think I got to slide 10, and they were like, ‘Oh, my goodness. Stop.
Take them all down. This is ridiculous.’ Until it had been presented them in
that way, they didn't see it in the same way that people see it. They just
couldn't be bothered to go through another 90 slides.”
[Kate Batchelor:] „Ich glaube, es waren etwa 100 Schilder, und es gab eine
Folie pro Bild. Ich glaube, ich war bei Folie 10, und sie sagten: 'Oh, mein
Gott. Stopp. Nimm sie alle runter. Das ist lächerlich.' Solange es ihnen
nicht auf diese Weise präsentiert worden war, sahen sie es nicht so, wie
die Leute es sehen. Sie hatten einfach keine Lust, sich weitere 90 Folien
anzusehen.“
[Verity-Jane Keefe:] “It's also completely farcical because children don't
play in the same way anymore. We all have double glazing windows. The
‘No ball game sign’ we grew up with was because all kids could do was
play football outside. Now, that's not the case.”
[Verity-Jane Keefe:] „Es ist auch völlig absurd, weil Kinder nicht mehr auf
dieselbe Weise spielen. Wir haben alle doppelt verglaste Fenster. Das
'Ballspielverbot'-Schild, mit dem wir aufgewachsen sind, gab es damals,
weil die Kinder nur draußen Fussball spielen konnten. Heute ist das nicht
mehr der Fall.“
[Alain Gloor:] Verity hat Farben spielerisch, aber ganz gezielt eingesetzt im
Gebäude. Sie leitet sie ab von Vorgefundenem. Teile des Bodens waren
angegriffen von Wasser, das über Jahrzehnte durchs Dach getropft ist.
Verity hat die Späne der Bar eingesetzt, die früher das Herz des Orts war,
um den Boden zu flicken. Mir imponiert, wie leicht und selbstverständlich
sich der Ort anfühlt, aber wie genau alles durchdacht und gemacht ist. Ein
collagenartiges, frisches, verspieltes Gesamtwerk. Sorgfältige Finesse mit
einem Sinn fürs Menschsein und für Humor, könnte man vielleicht sagen.
Es ist schwierig in Worte zu fassen. Im Post auf LinkedIn zu dieser Folge
siehst du ein paar Fotos.
[Verity-Jane Keefe:] “I had a few conversations with the architects. They’re
like, ‘Wow … you love colour, so obviously it's really colourful’. I'm like,
‘Yeah, but you can do colour in a way that's not patronising’. Also these
colour choices, this green, they're the greens of the trees that you see out
here, all the tones. The green is the same green as the shutter downstairs.
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Every single thing is designed to mesh and not overwhelm. I think I'm really
happy that people feel a sense of ownership of it, that they actually help
make that decision.”
[Verity-Jane Keefe:] „Ich hatte ein paar Gespräche mit den Architekten. Sie
sagten: 'Wow ... du liebst Farben, also ist es natürlich sehr farbenfroh'. Ich
sagte: 'Ja, aber man kann Farbe so einsetzen, dass sie nicht herablassend
wirkt'. Auch diese Farbwahl, dieses Grün, das sind die Grüntöne der
Bäume, die man hier draussen sieht, alle Töne. Das Grün ist das gleiche
Grün wie die Fensterläden unten. Alles ist so gestaltet, dass es
ineinandergreift und nicht erdrückend wirkt. Ich bin froh, dass die Leute
hier Verantwortung damit verbinden, dass sie diese Entscheidung
mitgetragen haben.“
[Kate Batchelor:] “I think also probably architects and other professionals
like that think, look, if you're going to involve the community, just give them
five choices of colours and they pick it and there you've done it. Whereas
obviously this is a much more richer and contextual process.”
[Kate Batchelor:] „Ich glaube, auch Architekten und andere Fachleute
denken oft, wenn man die Gemeinschaft einbeziehen will, muss man ihnen
nur fünf Farben zur Auswahl geben, die sie dann auswählen, und das
war's. Das hier ist jedoch ein viel umfassenderer und kontextbezogener
Prozess.“
[Verity-Jane Keefe:] “It's ways of listening. That's why I've started these
conversations. All I kept hearing was how important the bar was. I was like,
‘Right, I don't know how, but I need to acknowledge that.’ It's in the floor.
This is the bar, the physical bar. I think people really appreciate those
details. I like the birthday singing. It's not my birthday for a month, so I'll
take that. I think we have time to get a quick coffee. Any last questions?”
[Verity-Jane Keefe:] „Es geht ums Zuhören auf verschiedenen Ebenen.
Deswegen habe ich mit diesen Gesprächen begonnen. Ich hörte immer
nur, wie wichtig die Bar ist. Ich dachte mir: 'Genau, ich weiss zwar noch
nicht wie, aber ich muss dem Rechnung tragen. Sie ist in den Boden
hineingearbeitet. Das ist die Bar, die physische Bar. Ich glaube, die Leute
wissen diese Details wirklich zu schätzen. Ich mag das
Geburtstagsständchen. Ich habe erst in einem Monat Geburtstag. Ich
denke, wir haben Zeit für einen kurzen Kaffee. Noch irgendwelche
Fragen?“
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[Alain Gloor:] “It's ways of listening.” Sollen Orte entstehen für den Kopf
wie fürs Herz – das war ja unsere Ausgangsfrage: „How do you build a
space in the mind, and the heart?“, muss man zuallererst zuhören, Genau
hinhören. Was haben Verity und Kate in dieser Folge erzählt? Was haben
wir gehört?
Es ging um die Beziehung zu Tieren, um das Design von Toiletten, um
nicht bevormundende Farben, um spielerische Wegführung, um das
Entfernen von Verbotsschildern, um Flugschneisen und Holzspäne einer
alten Bar im Boden – also ums Eingehen auf den spezifischen Ort. Darum,
wer wie etwas einen Namen gibt. Wie ein Ort entsteht, der tatsächlich
einladend ist.
Aber was hat das alles mit Museen und Sammlungsinstitutionen zu tun?
Die Museen von heute wollen sich öffnen und unterschiedlichste
Menschen ansprechen. Zum „Wohnzimmer“ werden. Oder, etwas näher
am herrschenden Diskurs dran gesprochen, zu „dritten Orten“. Zu Orten,
die so wichtig sind für demokratische Findungsprozesse, aber immer rarer
werden – so zumindest die These. Zu öffentlichen Orten, an denen weder
gearbeitet noch gewohnt wird. Noch konsumiert werden muss. Wo aber
diskutiert, gefaulenzt, nachgedacht werden kann.
Und für solche Orte spielen die Themen, die Verity angesprochen hat, alle
eine vitale Rolle. Es sind keine Themen, die auf den ersten Blick die Welt
verändern, aber im Kleinen grosse Unterschiede machen.
Und ich denke wirklich, dass wir aufpassen müssen, dass diese kleinen
Dinge, die Details, auch die Hingabe zum Detail, nicht vergessen gehen
dürfen in diesem grossen, komplexen Projekt, das wir mit CAMPO planen.
Du hast dich vielleicht gefragt, was das Getue um den Namen des Orts
soll: Ob’s jetzt “The Moorings Social Club” oder “The Moorings Sociable
Club” heisst. Who cares. Ich.
Verity hat in ihrem Buch je eine Definition für “Social” und “Sociable”
gegeben.
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“Social”: “Relating to society or its organisation. Needing companionship
and, therefore, best suited to living in communities.”
“Sociable”: “Willing to talk and engage in activities with other people;
friendly. (Of a place, occasion, or activity.) Characterised by friendliness or
social interaction.”
„Sozial": „Bezieht sich auf die Gesellschaft oder ihre Organisation. Braucht
Gesellschaft und ist daher am besten für das Leben in Gemeinschaften
geeignet“.
„Gesellig": „Bereit, sich mit anderen Menschen zu unterhalten und an
Aktivitäten teilzunehmen; freundlich; (in Bezug auf einen Ort, einen Anlass
oder eine Aktivität), gekennzeichnet durch Freundlichkeit oder soziale
Interaktion.“
Wo “social” noch einen Zustand beschreibt, beschreibt “sociable” eine
Haltung. Darum geht’s. Aber natürlich bringt eine Haltung,
niedergeschrieben auf Papier, nichts. Auf Papier leben höchstens die
Buchstaben. Es braucht Menschen, die sich um einen Ort kümmern. Ihn
sich aneignen. Sich um ihn sorgen. Eine Haltung leben.
Man kann funktionierende Orte nicht einfach bestellen. Sie entstehen mit
und durch Leidenschaft und Gespür, durch Zuhören und Zuneigung, durch
Wissen und Wohlwollen – durch die Freundlichkeit von Menschen.
Unsere Recherchereise nach London war intensiv. Volles Programm. Wir
waren auch in der Wellcome Collection, im Barbican, im V&A und im
Somerset House. Wir haben hinter die Kulissen des im Moment
entstehenden „Museum of London“ und des „V&A East Storehouse“
geschaut. Ich kann nicht von allen Besuchen im Detail erzählen.
In der nächsten Folge aber stelle ich die Frage: „How do people get close
to collections?“ und erzähle, was wir von den Macher:innen des „V&A East
Storehouse” gelernt haben. Ich freue mich drauf.
Hast du Feedback oder Fragen? Schreib mir auf sammelstelle@skkg.ch
oder schicke mir eine Sprachnachricht an: 077 456 07 41.
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Bis bald! Falls du den Podcast auf deiner Plattform des Vertrauens noch
nicht abonniert hast – dann mach das. So verpasst du auch bestimmt
nicht, wenn’s weitergeht.
Mein herzlicher Dank geht an Verity, an Sarah, Liv und Izzie von The
Liminal Space und an Sabrina fürs Organisieren des CAMPO Trips.
Und ein grosses Dankeschön auch dem SKKG-Team, der
Podcastschmiede sowie Nico Feer für die neuen Sounds. Und, last but not
least: danke, Bruno!